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Hubers Geheimnis-betr.: "Realismus statt Systemfetischismus", taz vom 13.12.89

betr.: „Realismus statt Systemfetischismus“, taz vom 13.12.89

Joseph Huber, laut biographischer Notiz seines Buchs über die Alternativbewegung Wer soll das alles ändern? (1980, S. 4) „mit technokratischen Systemen jeder Art verfeindet und auf der ständigen Suche nach einer neuen sozialen und politischen Heimat“, hat nach einigen Umwegen diese marktliberale Heimat offenbar gefunden. Nachdem er 1978 bei Achberg das Buch Technokratie oder Menschlichkeit veröffentlichte, plädiert er heute für „Realismus statt Systemfetischismus“.

Damals (1978) schlug er für die „Hochschulinitiative Demokratischer Sozialismus“ eine „Kapital-Neutralisierung plus Demokratisierung der Verfügung“ vor (Wirtschaftsdemokratie in der Diskussion. 1978), heute attestiert Huber der SPD, sie habe erst nach Godesberg gelernt, was „soziale Marktwirtschaft“ bedeute, habe aber in den Jahren danach „durchaus Verdienstvolles geleistet“. „Tempora mutantur et nos mutamur in illis“, für NichtlateinerInnen: Die Zeiten ändern sich, und wir werden langsam älter.

Unmöglich, den Ausführungen Joseph Hubers (1989) gerecht zu werden, da sie überwiegend aus einer Ansammlung von Leerformeln beziehungsweise Common sense (das heißt Niederschlag der herrschenden Vorurteile) bestehen. Zum Beispiel: „Die alten Ordnungsvorstellungen gelten... weiter... als ideeller Horizont... für eine Praxis, die sich jederzeit in einem selbststeuernden Prozeß im Schnittfeld der ideellen Horizonte bewegt.“ Mit einer solchen Aussage liegt man in keiner denkbaren Gesellschaftsform falsch, Jargon der Eigentlichkeit, Bestandteil gehobenen Legitimationskonsenses etc. Es versteht sich: „Man wirkt in diesem Prozek aktiv ebenso wie passiv mit.“ Das Markt- und Staatsgefüge im Westen steuert sich nach Huber selbst, „realistisch, pragmatisch, ethisch fundiert“. Was am ungleichen Tausch zwischen Erster und Dritter Welt ethisch fundiert sein soll, an Babies, die sterben, weil ihre Mütter mit Nestleprodukten nicht umgehen können, oder an verhungerten Kindern, deren Familien einfach keine Kaufkraft haben (Marktwirtschaft), bleibe Hubers Geheimnis.

Robert Lederer, Bochum

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