: Explodierende Farben in Emden
■ Nannen präsentiert Alexej Jawlensky: Gewitter und Frühlingswind exzessiv
Henry Nannen wußte es gleich. „Das wird für mich ein Fest der Augen sein, wenn die Jawlensky-Ausstellung nach Emden kommt“. Gemeint ist der russische Maler Alexej Jawlensky, 1864 als Sohn eines Oberst geboren und 1941 im Alter von 77 Jahren in Wiesbaden verstorben. Er war ein Zeitgenosse und guter Freund von Wassily Kandinsky, kannte Alfed Kubin, Emil Nolde und Paul Klee und war Mitbegründer der „Neuen Küstlervereinigung.“
Klein, aber fein präsentiert sich die komplex gestaltete Emder Kunsthalle den BesucherInnen. Die verschiedenen Raumebenen ziehen die BetrachterIn
nen mit, ein ständiges Auf und Ab läßt auch architektonisch die thematischen oder stilistischen Veränderungen der Werke Jawlenskys erkennen.
Derer gab es im Leben des ehemaligen Infrantie-Leutnants einige, das zeigt die Emdener Ausstellung deutlich. Jawlenkys Frühwerke sind vor allem Portraits und Stilleben. Kräftige Pinselstriche und prägnante Farben kennzeichnen seine ersten Arbeiten, wie auch das Portrait seiner sehr jungen Lebensgefährtin Helene Nesnakomoff. Vor einem groben, dunklen Hinterrund leuchten das Antlitz und die rosa Bluse der Fünfzehnjärigen wie angestrahlt aus dem Rahmen
ein malerisches Prinzip, das sich oft wiederholt.
Zu Beginn dieses Jahrhunderts inspirierten ihn seine Reisen in die Normandie oder die Bretagne ebenso wie die bayrische Landschaft, die seinem neuen Wohnort München so nahe lag.
Der künstlerische Weg Jawlenskys führte ihn aber zweifellos in die Abstraktion. Langsam, fast ungewollt wirkend entgegenständlichen sich die Arbeiten. Konturen fließen und die Übergänge der immer noch explodierenden Farben werden weicher. „Gewitter“ und „Frühlingswind und Wiesen“ sind Beispiele dieser Phase. Exzessiv und ausladend stürzen sich die Kompositionen ins Auge und lassen den Blick über die Flächen wandern.
Auch wenn mit weit über hundert Exponaten die Austellung
überbestückt erscheint und etwas Kondition erfordert, sollte bei einem Rundgang der Auswahl der abstrakten Köpfe besondere Beachtung geschenkt werden. Von der Struktur her ähnlich, erging sich der Maler in einer Orgie von Ideen. Mit wenigen geometrischen Formen und einer grandiosen Farbgebung schuf Jawlensky innerhalb von 17 Jahren eine imposante Bilderreihe.
In den letzten Jahren seines Lebens war der Maler sehr krank, praktisch an den Händen gelähmt und ans Bett gefesselt. Trotzdem malte der Meister bis zu seinem Tode weiter. Kleine Miniaturen, dunkel und schroff, melancholisch und meditativ. Auch das dokumentiert die Emder Ausstellung: Ein Leben voller Malerei. Noch bis zum 4.2.1990 Jürgen Franck
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen