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Honeckers Werke auf'm Bremer Flohmarkt

■ Kommunistische Infrastruktur wird zugunsten des Sozialplanes verkauft / VVN-AntifaschistInnen intern zerstritten

Das Buch stammt von einem gewissen Erich Honecker und handelt vonn „Revolutionärer Theorie und geschichtlichen Erfahrun

gen“. Noch liegt es im Parteibüro der „Deutschen Kommunistischen Partei“ (DKP) an der noblen Bremer Ostertor -Contres

carpe. Doch die Zukunft des Werkes liegt in Bremen - auf dem Flohmarkt. Da soll es an NostalgikerInnen verscherbelt werden.

Den Fotokopierern, den Druckmaschinen und den Schreibmaschinen aus dem einst gutausgestatteten Büro ergeht es ähnlich. Sie werden allesamt verkauft. Der Erlös kommt dem Sozialfonds zugute, mit dem die 15 gekündigten hauptamtlichen ParteiarbeiterInnen unterstützt werden sollen. Zum 1. Februar muß das Büro geräumt sein. Ein Arbeitsausschuß des Bezirksvorstands ist mit der „Abwicklung der Geschäfte“ betraut. Politische Statements gibt er aber nicht mehr ab. Denn die Partei löst sich im Bezirk Bremen selbst auf, die Mehrheit der Mitglieder ist bereits ausgetreten. Die Liquidation der kommunistischen Infrastruktur ist das letzte Gefecht. Akten und Flugblätter werden sorgfältig sortiert, sie sollen in einem Bremer Archiv der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die DKP verwandelt sich damit freiwillig in ein Forschungsfeld für DoktorandInnen.

Gibt es also nach dem ersten Februar 1990 in Bremen überhaupt keine DKP mehr? Die stellvetretende Vorsitzende, Dr. Heidi Knake-Werner, die gerade ihr Büro auflöst, lächelt und sagt: „Ich bin sicher, es wird die DKP in Bremen weiter geben. Es gibt diesen Seniorenkreis, einige aus der alten Garde. Harold Pundsack. Herbert Breidbach.“ Sie wisse aber nicht, wie dieser Se

niorenkreis zu erreichen sei, ob es wieder ein Büro geben werde. Daneben gebe es natürlich noch die zahlreichen heimatlosen KommunistInnen, die, wie sie selbst auch, gemeinsam über eine politische Perspektive diskutieren wollten.

Schon geschlossen ist das Büro der „Deutschen Friedens -Union“ (DFU). Auch dieser Organisation war mit der Wende in der DDR der Finanzhahn abgedreht worden. Wer die Telefonnummer anwählt, bekommt die Empfehlung, sich an die Privatnummer eines Ex-Hauptamtlichen zu halten.

Intern umstritten ist dagegen noch die Zukunft der VVN -AntifaschistInnen. Nur die Hälfte Finanzvolumens der VVN ist durch Mitgliedsbeiträge abgedeckt. Der Rest kam via DKP und DDR. Auf die Dauer kann ein Büro und ein hauptamtlicher Geschäftsführer nicht mehr finanziert werden. Die Mitgliedschaft ist aber ebenso wie der Landesvorstand in zwei Lager gespalten: Auf der einen Seite diejenigen, die das Problem der DDR-DKP-Finanzierung selbstkritisch aufarbeiten und neue Ansätze der antifaschistischen Arbeit weitertreiben wollen (vgl. Dokumentation unten), auf der anderen die, die - wie der Landesvorsitzende Willy Hundertmark - die Mitglieder zum Durchhalten aufrufen. Barbara Debu

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