Das Ost-Klo ist verstopft

■ Die DDR will aus dem deutsch-deutschen Müllhandel raus

Sollte die DDR-Regierung ernst machen und tatsächlich ihre Grenzen für westdeutschen Gift- und Hausmüll schließen, müßten sich vor allem die Umweltbehörden in Hamburg und West -Berlin als erstes einen neuen Anrufbeantworter kaufen. Das alte, ständig strapazierte und von den vielen Krokodilstränen schon leicht ankorrodierte Gerät, auf dem die Dauer-Antwort „tut uns echt leid irgendwie, aber wir haben keine Alternative zur DDR-Entsorgung“ tausendfach gespeichert war, könnte nicht mehr länger abgespielt werden. Was aber dann? Die UmweltsenatorInnen müßten sich entweder ins Messer stürzen oder ihren Rest-Grips ein wenig anstrengen und neue Entsorgungsstrategien entwickeln. Vermutlich werden wir auf die erste blutige Lösung vergeblich warten und es wird sich statt dessen zeigen, daß es doch eine Alternative dazu gibt, seinen täglichen Schiß nicht im eigenen, sondern in Nachbars Klo zu erledigen. Es wird sich zeigen, daß es im Falle eines Falles immer eine andere Lösung gibt. Und es wird sichtbar werden, daß die Entsorgung in die DDR nur deshalb so lange und so rücksichtlos praktiziert wurde, weil sie billig und bequem war. Der reiche Fettwanst, der die abgenagten Knochen rülpsend hinter sich wirft, wird sich künftig selbst bequemen müssen.

Für die DDR wäre der Ausstieg aus dem unsäglichen Müllhandel mit der BRD auch ein Stück Zurückgewinnung der Selbstachtung. Ständig zu Spottpreisen den Mülleimer für den reichen Nachbarn abzugeben, zehrt am Selbstbewußtsein und ist die denkbar schlechsteste Grundlage für Partnerschaft und Kooperation. Ein Ende des Giftmüllimports wäre für die DDR aber auch deshalb notwendig, weil sie ihre noch relativ besten Deponieflächen (wie z.B. In Schönberg) nicht auf Dauer für Westmüll opfern kann, während der eigene Müll oft genug in der Pampa landet. Daß die angerichteten Schäden weit größer sind als die Deviseneinnahmen, bestreitet ohnehin kaum noch jemand.

Die Regierung Modrow will also aussteigen. Doch die deutsch -deutschen Müllverträge laufen noch bis Mitte der 90er Jahre. Wenn die BRD den Neuanfang und Bruch zur Honecker-Ära nicht nur fordert, sondern ihn auch selber ernstnimmt, dann zählt zu diesem Bruch auch, daß die Knebelverträge dieser Ära neu verhandelt werden. Und was werden Hamburgs SPD -Senator Kuhbier und Berlins AL-Senatorin Schreyer im Frühsommer einer - sagen wir mal - DDR-Umweltministerin Bärbel Bohley sagen, wenn sie sofort die Müllverträge aufkündigen will? Gute Frage.

Manfred Kriener