Dubioser Filmverkauf

■ 600-Millionen-Deal zwischen Medienzar Kirch und Metro-Beisheim - Scheingeschäft?

Der überraschende Verkauf eines umfangreichen Film- und Fernsehprogrammpakets der Kirch-Gruppe an die neue MH-Medien Handels AG (Zug/Schweiz) gerät ins Zwielicht. Nach Angaben des zuständigen Handesregisteramts sitzt im dreiköpfigen Verwaltungsrat der Medien Handels AG Stephan Sager, enger Vertrauter von Leo Kirch und Direktor des Spielfilmkanals „Teleclub„; dort ist die Kirch-Gruppe größter Gesellschafter und übt maßgeblichen Einfluß aus. Während Sager am 20. Dezember bei der Umwandlung der „Mid-Port-AG“ in die Medien Handels AG in den Verwaltungsrat einrückte, schied Otto Beisheim, der Gründer der Metro-Handelskette und Inhaber der „Mid-Port-AG“, mit zwei weiteren Vertretern aus dem Gremium aus. Die neu formierte Medien Handels AG schloß dann eine Woche später mit der Kirch-Gruppe den Kaufvertrag über annähernd 2.000 Spielfilme und zahlreiche Fernsehsendungen.

Die ungewöhnliche personelle Verbindung ist nach Ansicht der Kirch-Gruppe kein Hinweis auf eine versteckte Kirch -Beteiligung oder ein „Scheingeschäft“, wie Branchenbeobachter vermuten. Grund derartiger Einschätzung: Kirch könnte über die MH-Medien Handels AG die 40prozentige ZDF-Quotierung für Kirch-Filme unterlaufen. Die mögliche Abhängigkeit des ZDF von der Kirch-Gruppe ist seit Jahren ein medienpolitisches Streitthema.

Sager, früher im Videovertrieb der Kirch-Gruppe tätig und seit 1984 bei der „Teleclub AG“ in Zürich, stritt eine direkte Beziehung zur Medien Handels AG gegenüber epd zunächst ab. Zur Register-Auskunft erklärte Sager, der Beisheim-Beauftragte Erwin Conradi habe ihn zunächst als Direktor der MH-Gesellschaft abgeworben. Anfang Januar habe Leo Kirch dann ein Veto gegen seinen Wechsel zur Medien Handels AG eingelegt. Seine Mitgliedschaft in deren Verwaltungsrat werde er rückgängig machen. Neben Sager rückten Andreas Rengglie (Präsident des Verwaltungsrat) und Rudolf Schweiger in das oberste Entscheidungsgremium der Gesellschaft ein. Die soll nach der Satzungsänderung jetzt Film-, Fernseh- und Schallplattenrechte für den Lizenzhandel erwerben und sich an anderen Mediengesellschaften beteiligen.

Das Grundkapital beträgt seit dem 20. Dezember 50 Millionen Schweizer Franken. Eine Woche später kaufte die Gesellschaft das Programmpaket der Kirch-Gruppe und schloß parallel dazu einen Dienstleistungsvertrag ab, wonach die Kirch-Gruppe das Filmpaket lagert und technisch aufbereitet. An den Verhandlungen war nach bislang unbestätigten Informationen auch Sager beteiligt. Außerdem wechselte Anfang Januar Bernhard Müller, bislang Leiter der Programmakquisition des „Teleclub“, als Geschäftsführer zur Medien Handels AG nach Zug. Größter „Teleclub„-Gesellschafter ist die Kirch-Gruppe (40 Prozent), die über ihre Filmrechte und die Organisationsstruktur das Projekt maßgeblich bestimmt. Das Programm des Schweizer Filmkanals „Teleclub“ ist mit dem bundesdeutschen Pay-TV „Teleclub“, einem 100prozentigen Kirch-Unternehmen, identisch.

Nach Kirch-Angaben befindet sich in dem verkauften Programmpaket ein Großteil der 540 Kinofilme (Tootsie, Cramer gegen Cramer etc.), die das ZDF von der Kirch -Gruppe erwerben wollte. Die Medien Handels AG hat dafür nach jüngsten undementierten Angaben 400 bis 600 Millionen Mark gezahlt. Der überraschende Verkauf hänge auch mit den „Pressionen“ zusammen, unter die das ZDF geraten sei, hieß es bei der Kirch-Gruppe.

Im ZDF-Verwaltungsrat stößt ein umfangreicher Paketkauf bei Kirch auf Bedenken, weil Kirch maßgeblich bei dem privaten Fernsehkonkurrenten SAT1 beteiligt ist. Diese Verzögerungen und eine Kampagne von „Springer-Zeitungen“ gegen Kirch sollen Kreditschwierigkeiten der Kirch-Gruppe bei der DG Bank verschärft haben. Die DG Bank hat die Kirch-Beteiligung am Springer-Konzern finanziert. Derartige Hinweise auf einen deshalb erforderlichen „Notverkauf“ eines Filmpakets sind von der Kirch-Gruppe aber als „interessengeleitete Spekulationen“ abgetan worden.

epd