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70 17 17: Notruf für Frauen

■ Soforthilfe, Beratung, Therapie für Vergewaltigte und Bedrohte / Finanzen 1990 gesichert

Vorbei sind die Zeiten, in denen Frauen Hilfs- und Beratungsdienste für andere Frauen aus politischem Engagement selbstverständlich und deshalb gratis und nebenbei organisierten. Heute, nach acht Jahren Notruf für vergewaltigte Frauen, wollen die Mitarbeiterinnen hauptberuflich und professionell arbeiten, qualifizierte Beratung und Therapie bieten - und dafür bitteschön auch Geld sehen.

Mit 30.000 Mark half Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger mit einer schnellen Entscheidung der Gesundheits-Deputation dem Notruf über das Jahr 1990; genug, um Miete, Sachkosten und die bescheidene Erst-Ausstattung für die neuen Räume (Dobbenweg 10) zu finanzieren. Außerdem gab es Unterstützung für eine Stammkraft, so daß drei ABM -Mitarbeiterinnen zusätzlich bewilligt werden konnten. Grünes Licht also und deutliches Engagement aus der Gesundheitsbehörde. „Natürlich wäre es noch schöner, wenn Ihr Engagement gar nicht nötig wäre“, erklärte Vera Rüdiger, und sagte ihre auch künftige Unterstützung zu: „Die Bremer Wege sind kurz.“

Bis Ende 1989 saß der Notruf, 1982 aus der autonomen Frauenbewegung heraus gegründet, mit

im Frauenkulturhaus in einem winzigen Zimmerchen, wo Telefonberatung, persönliche Gespräche, Mitarbeiterinnen -Konferenzen gleichzeitig und deshalb mehr schlecht als recht ablaufen mußten. Die neuen hellen Räume Am Dobbenweg sind, fand Rüdiger, „sparsam, aber mit viel Geschmack eingerichtet“.

Notruf für vergewaltigte Frauen. Der Name hört sich an, als riefen bei Nacht und Nebel Frauen in oder nach akuter Gefahr telefonisch um Hilfe. „Das kommt so fast nie vor“, erklärte gestern Notruf-Mitarbeiterin Ulrike Kretschmann in den neuen Räumen beim Sektempfang gegenüber JournalistInnen, „viel häufiger kommen die Frauen erst zwei oder drei Tage nach der Tat, in 50 Prozent vergehen Jahre, auch 5 oder 10, in einem Extremfall sogar 40 Jahre, bis der Mut für ein Beratungsgespräch da ist.“

„Krisenintervention“ nennen die Notruf-Mitarbeiterinnen die erste Hilfe unmittelbar nach Gewalttaten gegen Frauen oder Mädchen: juristische Beratung, Begleitung zur Kripo, Empfehlung von Ärztinnen. Übrigens will nur die Hälfte der beim Notruf betreuten Frauen Anzeige erstatten: „Wir drängen keine dazu, wir unterstützen“, faßte Mitar

beiterin Ulrike Sander zusammen. KriminologInnen und SozialwissenschaftlerInnen vermuten eine 10 bis 20fache Dunkelziffer gegenüber den angezeigten Delikten. Für Bremen hieße das für 1988: täglich zwischen 4 und 8 Vergewaltigungen.

Die Krisenintervention ist ebenso wie die psychosoziale Betreuung kostenlos. Die psychoanalytisch orientierten Therapien, die drei der vier Mitarbeiterinnen qualifiziert anbieten, müssen abgerechnet werden. Jeden Donnerstag ist von 10 bis 17 Uhr Zeit für Gespäche ohne Anmeldung, für erste Kontaktaufnahme von Frauen, die mit der lebensgeschichtlichen Bedeutung einer an ihnen verübten Gewalttat allein nicht fertig werden. In die offene Beratung kommen auch Frauen und Mädchen, die anonym bleiben wollen, die im Beruf sexuellen Übergriffen ausgesetzt waren oder sind, und auch Angehörige, FreundInnen und Bekannte von Opfern sexueller Gewalt. Als vorbeugende Aufklärungsarbeit organisieren die Notruf-Frauen Fort- und Weiterbildung für PädagogInnen. Susanne Paa

Dobbenweg 10 Ecke Bismarckstraße, Mo-Do 10-17 Uhr, Fr. 10 -14 Uhr, Telefon: 701717

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