Bremer Radio ohne Bremer Nachrichten

■ Programmdirektorin Sommerey will sich nach Biz-Bize jetzt auch die „Rundschau“ sparen / Lokal-Kolorit auf Hansa-Welle

Wenn es nach Programmdirekto

rin Karola Sommerey geht, werden BremerInnen von Radio Bremen über Bremisches künftig nicht mehr mit einer eigenen Sendung informiert. Die einzige lokale Nachrichtensendung „Rundschau“ soll gestrichen werden. An ihrer Stelle will die Programmchefin künftig nur noch „kostengünstige Musik/Unterhaltung“ senden, wie Sommerey jetzt RB -Direktorium, Personalrat und Redakteursauschuß wissen ließ. Nach Biz-Bize wäre die Rundschau damit die zweite Sendung, die dem Sparzwang im Bremer Sender zum Opfer fällt.

Mit dem Streichungs-Streich will Sommerey allerdings gleichzeitig ein weiteres Ziel erreichen: Die Hansawelle soll weiter zum einschaltquoten- und werbeträchtigen Paradepferd der vier RB-Programme ausgebaut werden. Unter der Devise „all hands on deck“ will Sommerey mit einem aufgemotzten RB-I-Programm dafür sorgen, „das jährliche Umsatzvolumen an Werbung im Hörfunk von 25 bis 27 Millionen auch für die kommenden Jahre zu er

halten.“ Dabei seien auch die „personellen Kapazitäten und Sachmittel“ der Rundschau miteinzubeziehen.

Im Klartext: Die bisherigen Rundschau-RedakteurInnen sollen künftig regionale Beiträge für ein Nachmittags-Potpourri aus Musik, Unterhaltung und aktuellen Informationen aus Bremen und aller Welt zuliefern. Arbeitstitel für die journalistisch aufgepeppte Nachmittagsstrecke der Hansawelle: „Bremen am Nachmittag“. Irgendwann zwischen 12 und 18 Uhr würde der Hansa-Wellen-Hörer dort - zwischen Tips für vollkasko-versicherte Autofahrer und Bürgerkrieg in Armenien - auch das Neueste aus Rathaus oder Freimarktszelt erfahren. Mediensoziologisch ausgedrückt: Lokale Nachrichten werden in ein „tagesbegleitendes Fließprogramm“ integriert. Einschaltquotenträchtiger Effekt: Wer sich bei RB noch über Bremisches informieren lassen will, muß Hansawelle non-stop -nachmittags-hören.

Betroffen vom Hanswellen-Lifting sind auch die für „Überre

gionales“ zuständigen Nachrichten-Redakteure des „Zeit im Funk“. Auch ihre Beiträge sollen künftig bei Gelegenheit ins Nachmittags-Programm eingestreut werden. Offiziell informiert werden sie darüber aber erst heute bei einem Arbeitstreffen im „Hotel zur Post“.

Bei Rundschau-RedakteurInnen, Personalrat und Redakteursausschuß schlug der jüngste Programm-Coup der Hörfunk-Chefin am Mittwoch abend wie ein Bombe ein. Bei einer ad hoc einberufenen Rundschau-Krisensitzung war von einer „Bankrotterklärung und Kapitulation der Programmdirektorin“ die Rede. Nachdem die Rundschau erst vor einem Jahr vom 1. ins 3. Programm „abgeschoben“ worden war, werde Lokalberichterstattung jetzt endgültig zum Wort -Füllsel einer musikalischen Dauerberieselung. Ausgesprochen angefaßt reagierten die LokalredakteurInnen auch auf den einsamen Entscheidungsstil, in dem die Hörfunkchefin sie erneut verplant und umgetopft hatte: Was für sie und den Sender am besten

sei, hatte sich Sommerey mit ihren Hauptabteilungsleitern allein ausgedacht.

Stinksauer reagierte gestern auch der RB-Personalsrat auf den „neuerlichen Überraschungs-Alleingang“ der Programmchefin. Auch die PersonalrätInnen hatte Sommerey erst am Mittwoch äußerst vage von „vorgedachten Vorschlägen“ für die Hansawelle unterrichtet. Eher zynisch als konstruktiv empfanden die RB-BelegschaftsvertreterInnen denn auch die ausdrückliche Einladung, künftig „zur Beobachtung“

an einer „Projektgruppe“ teilzunehmen, die die „vorgedachten Vorschläge genau ausarbeiten“ soll.

Viel Zeit für die „detaillierte Ausarbeitung“ bleibt allerdings ohnehin nicht mehr. Bereits im März will der Rundfunkrat ein detailliertes Sparkonzept mit allen rundfunk -programmatischen Konsequenzen verabschieden. Die notwendigen Schularbeiten des Direktoriums erwarten die Rundfunkratausschüsse bereits im nächsten Monat.

Klaus Schloesser