: Die Anderen: La Repubblica/Il Messaggero
La Repubblica
Die linksliberale römische Tageszeitung kommentiert die Ereignisse im Kaukasus
Nachdem Gorbatschow seine Soldaten aus dem afghanischen Abenteuer herausgeholt und aus den imperialen Vorposten in den Bruderländern abgezogen hat, schickt er die Rote Armee nun auf die heimatlichen Straßen von Baku. Zum ersten Mal gab er den Befehl, die Gewehre der Perestroika abzufeuern. Die sowjetische Macht, die mit dem Rückzug ihrer Soldaten in der Welt an Glaubwürdigkeit gewonnen hat, mußte in der UdSSR selbst die Panzer und Sturmtruppen in Bewegung setzen, um Herr einer aufständischen Stadt zu bleiben. So wendet sich der Fluch Allahs, der von den Menschen in Aserbaidschan wegen des armenischen Erdbebens beschworen wurde, gegen Gorbatschow und zwingt ihn, im fünften Jahr der Perestroika militärische Unterstützung für seine Reformen anzurufen.
Il Messaggero
Die liberale römische Tageszeitung fordert in einem Leitartikel Hilfe des Westens für eine vom Zusammenbruch bedrohte Sowjetunion
Es besteht die Gefahr, daß sich 1990 die sowjetische Krise auf unumkehrbare Weise verschärft, unter dem Druck des fortschreitenden Verfalls des Wirtschaftssystems, der Unabhängigkeitsbestrebungen des Baltikums und der Aussicht, daß im Kaukasus und in Zentralasien eine Situation entsteht, die in der Mitte zwischen Libanon und Afghanistan liegt. Dies bedeutet für den Westen und in erster Linie für Europa die Verpflichtung gegenüber der UdSSR, eine koordinierte und vor allem eine mutige Politik zu verfolgen.
Der destabilisierende Effekt eines Zusammenbruchs der UdSSR oder des Versuchs einer gewaltsamen Restauration würde eine äußerst ernste Bedrohung für den Weltfrieden darstellen. ...Europa und die USA müssen deshalb heute der Sowjetunion die Schaffung gemeinsamer Instrumente der kollektiven Sicherheit und der politischen Zusammenarbeit vorschlagen, mit denen die mögliche Krise bewältigt werden kann. Damit muß Moskau die Sicherheit gegeben werden, daß eine Erneuerung der föderalen Strukturen der Sowjetunion oder auch die Abspaltung einiger Republiken keinerlei strategisches Risiko bedeutet.
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