piwik no script img

Begeisterung um Defizite

■ Claudia Porwik und Steffi Graf im Halbfinale der Australian Open

Melbourne (taz) - Da sitzen sie, die deutschen Kolleginnen und Kollegen, reden schon vom deutsch-deutschen Damenfinale und komponieren begeistert Geschichten. Über Claudia Porwik, die ungesetzte 21jährige Fürtherin, die gestern das Halbfinale der Australischen Tennismeisterschaften erreichte. 6:4 und 6:3 besiegte sie die 16jährige US-amerikanische Amateurin mexikanischen Geblüts Angelica Gavaldon, die vorher nicht nur durch ihren riesigen, grellrot geschminkten Mund, der sich fast von einem der blinkenden Silberohrringe zum anderen hinzog, auffiel, sondern auch durch Siege über zwei gesetzte Spielerinnen: Hana Mandlikova und Gigi Fernandez.

Das niveauarme Match hatte so viele Zuschauer, wie es etwa verdiente: ein paar hundert. Claudia Porwik, die manchmal so explosiv wirkt wie Claudia Kohde-Kilsch in ihren schlechtesten Tagen, spielte genauso, wie es bei fast 60 Grad in der Sonne angemessen ist. Sie ließ die Gegnerin laufen und Fehler machen. Das richtige Mittel gegen eine, von der sie „vorher nicht mal wußte, wie man den Namen ausspricht“. Als sie Matchball hatte, klatschten vor lauter Begeisterung immerhin zwei deutsche Touristen. Jetzt steht sie am Donnerstag im Halbfinale gegen ihre Wunschgegnerin Mary Joe Fernandez, die überraschend Zina Garrison in drei Sätzen ausschaltete.

Damit war auch die letzte Gegnerin ausgeschieden, der Steffi Graf bei Turnierbeginn höflicherweise eine Außenseiterchance eingeräumt hatte. Evert nicht mehr dabei, Navratilova, Sanchez, Seles gar nicht erst gekommen, Sabatini im Krankenhaus, alle anderen Favoritinnen für den zweiten Platz an Unbekannten gescheitert - die Langeweile nimmt ihren Lauf. Steffi Graf hat seit 1987 keinen Satz mehr in Australien verloren. Ihr letztes Opfer hieß gestern Patty Fendick.

Bernd Müllender

Graf - Fendick 6:3, 7:5; Porwik - Gavaldon 6:4, 6:3; Fernandez - Garrison 1:6, 6:2, 8:6; Sukova - K. Maleeva 6:4, 6:3. Halbfinale: Porwik - Fernandez, Graf - Sukova

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen