: Über echte Kunst und Männlichkeit
■ Literarischen Woche: Joachim Dyck, Rhetorik-Professor, hielt einen Vortrag gegen „weibliche Ästhetik“
Wir haben literarische Woche. „Gibt es eine weibliche Ästhetik?“ heißt das Motto, Die erste Antwort gab der Bremer Germanistik-Professor Gert Sautermeister. Er spricht „dem wahren Kunstwerk den Geschlechts-Charakter“ ab. Im Gegensatz zur Möchtegernkunst, die oft von Frauen komme, stamme echte Kunst der letzten Jahrhunderte in der Regel von Männern, weil es denen leichter gefallen sei, ihre Sehnsucht nach ihrem nichtmännlichen Teil und ästhetisch zu realisieren. Auch die nächste Bremer Germanistikprofessorin, Helga Gallas, die vorträgt, glaubt nicht an spezifische weibliche Schreibweisen, interessiert sich ihrem wissenschaftlichen Ansatz nach aber auch nicht für die so gestellte Frage.
Der dritte Wissenschaftler der Region, der Oldenburger Germanistikprofessor Joachim Dyck, sprach Sonntagabend in der Kunsthalle über „Gewalt gegen Frauen - durch Sprache?“ D.h. feuerte eine Polemik gegen Senta Trömel-Plötz und Luise F. Pusch, von denen Frau Könnecke, die Organisatorin aus der Bildungsbehörde, einleitend bedauerte, daß sie nicht zur Auseinandersetzung mit Joachim Dyck
habe bewegen können.
Er leitete ein mit einem Kratzfuß vor der berechtigten Abschaffung des generischen Maskulinums, wie sie das niedersächsische Hochschulgesetz, dem der Oldenburger Beamte unterworfen ist, ermöglicht. Dadurch, daß
jetzt auch Professorinnen und Dekaninnne gesucht werden dürfen, „werden Frauen gesellschaftlich real“. Die Polemik gegen die „feministische Linguistik“ hielt Dyck für notwendig, Pusch und Trömel-Plötz‘ Arbeit rechtfertigen für ihn „Vergleiche mit dem
3. Reich“. Daß die Ironikerin Pusch die Sprache von Grund auf „patriarchalisch verseucht sieht,“ ist für Dyck ein klares Indiz: Sie hält die Sprache für krank, und will sie durch den Feminismus gesund machen. Und dann. Luise Pusch‘ Vorschlag, einfach für die nächsten Jahre generell nur die feminine Form zu verwenden und dann den Männern zu versichern, sie seien selbstverständlich mitgemeint. Das entpringt dem „Ressentiment“ und der „Rache.“ „Eine Schuld soll durch eine andere ausgeglichen werden.“
Ohnehin entbehren die Versuche, gesellschaftliche Veränderungen unvermittelt über Sprache herzustellen, „jeder Reflexion über den Zusammenhang zwischen Sprache und Gesellschaft. Nach Marx bestimme nämlich das Sein das Bewußtsein, und das konstitiert sich über gesellschaftliche Arbeit“.
Zu der Sprachschöpfung selbstverständlich nicht zählt. Der Vortrag wird dichter, er mengt Zitatschnitzel „der feministischen Germantistik“. Wo hat der Mann bloß diese total unwissenschaftliche Umgang mit Texten gelernt? Nie, mit Ausnahme des letzten Zitats ein ganzer Satz,
nie der Kontext berücksichtigt, einfach herausgeklaubt, was erst die motivvergiftende Unterstellung (Rache) belegen soll, dann des Professors eigene ordo-marxistische Scheuklappe und schließlich das faschistische an Plötz und Pusch. Nicht genug, daß sie „kritisches Denken in Gefühlen ersticken“, kein Wort über die männliche Unterdrückung verlieren, „objektiv frauenfeindlich sind“, sie huldigen „Verschwörungsvorstellungen“, intendieren die „sprachliche Vernichtung, vergleichen ihre Diskriminierung mit der der Juden, „obwohl sie zu keiner Zeit einer diskriminierenden Gesetzgebung unterlagen“, suggerieren einen „permanenten Tötungswunsch der Männer“ und versuchen, sie durch ihre Konstruktsprache der „totalen Aussonderung“ anheim zu geben.
Professor Dyck, rot vor Anstrengung, geht zum Platz zurück, nein, das Manuskript möchte er mir nicht geben, es ist zu „stoppelhaft.„- „Aber Sie haben es doch vorgelesen.“ „Und Sie haben es gehört.“
Diskussion keine, die Frauen schleichen in Gruppen davon, wütend, hilflos, beschimpft, öffentlich mundtot.
Uta Stolle
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