: Aus der Gründungserklärung
■ der „Internationalen Gesellschaft der Ärzte gegen den Krieg“ vom 28.August 1932
Die auf dem Ärztekongreß vertretenen Ärzte aus allen europäischen Ländern appellieren angesichts der wachsenden Gefahr eines neuen Weltkrieges an alle Ärzte, die nicht dulden wollen, daß die Fortschritte der Wissenschaft und Technik in den Dienst der planmäßigen Massenvernichtung gestellt werden. (...) Verheerend war die Wirkung des Krieges auf Frauen und Kinder. Die Gesundheit der unterernährten, blutarmen Frauen wurde durch die Fabrikarbeit, besonders auch in den Munitionsfabriken vollends untergraben. Die im Krieg geborenen Kinder der werktätigen Bevölkerung erlitten irreparable, noch heute nachweisbare Schädigungen. (...) Die am Kriege interessierten Kräfte aller Länder, insbesondere der Rüstungsindustrie, bemühten sich, die Ärzte in die Front der Vorbereitung des Krieges einzureihen. Im Weltkriege wurde der Arzt dazu degradiert, den letzten Mann kriegsverwendungsfähig zu schreiben und die verhängnisvollen Folgen von Hunger und Unterernährung zu verschweigen. Heute soll er durch seine Gutachten beitragen zu weiterem Abbau der kümmerlichen Renten der Kriegs- und Arbeitsopfer.
Die in allen Ländern in letzter Zeit mit äußerster Intensität betriebene Agitation für den Gas- und Luftschutz zeigt, daß man den kommenden Krieg als nahe bevorstehend erwartet. Ärzte stehen an führender Stelle bei der Organisierung des Gas- und Luftschutzes. Dieser ist um so gefährlicher, als er sich unter dem Schein defensiver Maßnahmen abspielt. Eine besondere Rolle hierbei spielen die einzelnen Sektionen des „Internationalen Roten Kreuzes“, deren Tätigkeit die Massen im Kampf gegen den Krieg lähmt.
Wir Ärzte, die wir uns für die Verhinderung eines neuen Weltgemetzels einsetzen, verpflichten uns, folgende dringliche Aufgaben durchzuführen:
1. Aufklärung über die Greuel- und Vernichtungsmethoden des Krieges, insbesondere des alles Leben unterschiedslos vernichtenden Gaskrieges, unter den Ärzten und in den breiten Massen der Bevölkerung.
2. Aufklärung über die tatsächliche Unmöglichkeit eines wirksamen Gasschutzes. Der einzig wirksame Gasschutz ist der siegreiche Kampf gegen den Krieg.
3. Aufzeigen der katastrophalen Folgen von Krieg und Nachkriegskrise auf die Volksgesundheit in den einzelnen Ländern. Durchführung von Massenuntersuchungen in Elendsgebieten, wie sie in Deutschland, in der Tschechoslowakei mit erschütternden Ergebnissen durchgeführt wurden. Veranstaltungen von Referaten, Schulungskursen und Kundgebungen über diese Themen in allen Kreisen der Bevölkerung.
4. Schaffung eines internationalen Ärztebüros, das systematisch die Tatsachen der gesundheitlichen Schädigungen in den einzelnen Ländern sammelt und wissenschaftlich verarbeitet, sowie Direktiven gibt für den Kampf der Ärzte gegen den Krieg.
Wirksame Arbeit zur Verhütung eines neuen Krieges können die Ärzte nur Hand in Hand mit den Organisationen leisten, die einen aktiven Kampf gegen den Krieg führen.
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