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KDV zunehmend beliebt

1989 hat die Zahl der Kriegsdienstverweigerer erneut zugenommen  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) -Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer ist auch im vergangenen Jahr gestiegen. Wie die „Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) in Dortmund mitteilte, haben 1989 insgesamt 77.432 Wehrpflichtige den Kriegsdienst verweigert. Im Vergleich zum Vorjahr ist die absolute Zahl damit zwar nur um 388 gestiegen, unter Berücksichtigung gefallener Jahrgangsstärken ist der Anteil der Verweigerer aber von 20,5 auf 22,1 Prozent gestiegen. Hatte Anfang der 80er Jahre jeder Achte den Dienst mit der Waffe verweigert (in den 70er Jahren lag der Anteil noch unter zehn Prozent), war es zum Ende des Jahrzehnts bereits jeder Fünfte.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen blickt die DFG-VK hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Zahl der Verbandsmitglieder dürfte zwar zu Zeiten des Zerfalls der nicht nur im Geiste befreundeten DKP nicht unbedingt steigen. Ihre Prognose scheint in greifbare Nähe zu rücken, wonach mit der weiter sinkenden Zahl der Wehrpflichtigen (1990 sind es 305.510) und der gleichbleibend hohen Zahl an Kriegsdienstverweigerern Mitte der 90er Jahre vielleicht sogar jeder Dritte den Dienst mit der Waffe verweigern wird.

Der Vorsitzende der DFG-VK im Landesverband Nordrheinwestfalen, Hans Decruppe, erklärte vergangene Woche sämtliche Berechnungen und Planungen des Bonner Verteidigungsministers Stoltenberg in Bezug auf die Personalstärke der Streitkräfte zur „schlichten Makulatur“. Die vielen Verweigerer würden eine drastische Reduzierung ganz einfach erzwingen.

Bemerkenswert ist auch der Anstieg an Soldaten und Reservisten, die sich der Bundeswehr verweigern. Die Reservisten haben den Kommiß offenbar besonders gefressen. Unter ihnen stieg die Zahl derer, die nach Ableistung ihrer Grunddienstzeit (die sogenannten „W 15“) verweigerten, von 5.465 (1988) um satte 40,3 Prozent auf 7.665 (1989). Und der Anteil der Soldaten, die während ihrer regulären Dienstzeit vom Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung Gebrauch machten, hat sich mit 3.211 im gleichen Zeitraum nahezu verdoppelt. Die DFG-VK sieht in dieser Entwicklung einen ersten Erfolg ihrer Info-Kampagne zum Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung, die sie mit der IG-Metall 1989 gestartet hat. Im Bericht der DFG-VK ist ebenso auffällig, daß der Anteil der Auszubildenden und Jungarbeiter unter den Kriegsdienstgegnern nach Angaben ihrer über 150 Beratungsstellen auf etwa ein Drittel angestiegen ist.

Im laufenden Jahr will die Friedensgesellschaft ihre Arbeit nun unter eine Perspektivkampagne mit dem Namen „Bundesrepublik ohne Armee“ stellen. Ziel soll sein, angesichts der unübersehbaren Legitimationskrise des Militärs die überholte Sicherheitsdoktrin der Bundeswehr gesellschaftlich „unmöglich zu machen“. Damit sollen die Voraussetzungen für einen „umfassenden Prozeß der Abrüstung und gesellschaftlichen Entmilitarisierung“ geschaffen werden.

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