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Hoffnung statt Melancholie

■ Betr.: "Melancholie", taz vom 24.1.90

betr.: dito

Fordern die Leute in der DDR etwas, was nicht gefällt, dann heißt das bei Ute Scheub, daß „die Massen... Parolen schreien und die Straße verstopfen“. So hätte wohl neulich der rechte Stammtisch bei uns über Friedensdemonstrationen gesprochen.

Wenn die Masse aber was Genehmes wollen, dann sind sie (im selben Kommentar) „Gesellschaft“. Was wollen denn die Leute, wenn sie neuerdings „Einig Vaterland“ rufen? Die wollen doch verständlicher Weise nicht noch weitere zehn Jahre dem (doch wohl trotz allem) besseren Leben in der BRD hinterherhinken, nicht noch weitere zehn Jahre den verlorenen (und selbst verschuldeten) Krieg allein bezahlen. Anstatt verlorenen Utopien nachzuweinen, fordern wir doch, daß etwas geschieht, fordern wir eben einen Lastenausgleich auf größere Vermögen, höhere progressive Steuern, noch viel lauter den Verzicht auf Jäger 90 und große Teile der Bundeswehr und das Geld für einen sofortigen Ausgleich für die „Brüder und Schwestern“ in der DDR. Mal sehen, was die Rechten bei uns dazu sagen.

Warum will Ute Scheub sich eigentlich nicht lieber von der Hoffnung als von der Melancholie küssen lassen? Fordern wir lauthals einen konkreten Ausgleich für die Menschen, fordern wir ein bißchen Gerechtigkeit.

Da sind dann doch auch neue, ungeahnte Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit sozialen und ökologischen Kräften der DDR, egal ob unter dem Mantel der Vertragsgemeinschaft oder der Einheit. Warum nicht die Hoffnung haben, dem Kapitalismus (auch für unsere Marginalisierten) einige giftige Zähne zu ziehen, egal wie man das System dann nennt. (...)

Hermann Dierks, Hamburg

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