: Ein Anschluß aus Armut
■ „Allianz für Berlin“ will Wahlen für Gesamt-Berlin / Momper will die Wiedervereinigung sozial abfedern
Für Wahlen zu einem Gesamt-Berliner Parlament am 6.Mai dieses Jahres hat sich die „Allianz für Berlin“ eingesetzt, die von den Landesverbänden der CDU in Ost und West sowie der Deutschen Sozialen Union (DSU) und dem Demokratischen Aufbruch (DA) gebildet wurde.
Berlin müsse „bei immer schnellerem Zusammenwachsen eine Vorreiterrolle übernehmen“, sagte der Westberliner CDU -Landesvorsitzende Diepgen gestern. Auf Landesebene sollte schon heute praktiziert werden, „was morgen bundesweit auf der Tagesordnung stehen wird“, dabei bilde der Viermächtestatus Berlins eine geeignete Grundlage. Gemeinsames Ziel der vier Landesverbände: „Immer weniger Teilung und immer mehr Zusammenarbeit.“ In Zukunft dürfe es keinen Zentimeter Grenze mehr in Deutschland geben. „Die Mauer mitten durch Berlin muß ersatzlos abgerissen werden“, hieß es. Mit Berlin wachse auch das geteilte Deutschland zusammen. Diese Stadt habe deshalb auch die Aufgabe, „dem ganzen Land wieder die Hauptstadt zu sein“.
Weitaus nüchterner über die deutsch-deutsche Perspektive gab sich gestern der Regierende Bürgermeister Momper. Als einen „Anschluß aus Armut“ bezeichnete er auf der Sitzung der sozialistischen Fraktion des Europäischen Parlaments die Wiedervereinigung. Vor den 180 sozialistischen Abgeordneten sagte Momper, die Motive der Menschen in der DDR seien nicht national, sondern sozial und ökonomisch. Daher müsse der Anpassungsprozeß sozial abgefedert verlaufen. Das Zusammenwerfen zweier so verschiedener Wirtschafts- und Währungssysteme mit so unterschiedlichen sozialen Ordnungen werde größte soziale Probleme, Elend sowie Spekulantentum und Geschäftemacherei mit sich bringen, sagte der SPD -Politiker.
Ein Sprecher der SPD der DDR forderte einen geordneten Übergang zur deutschen Einheit. Sie wolle keine Fremdbestimmung etwa durch die Übernahme von westdeutschen Gesetzen. Jedoch solle ein soziales Netz eingerichtet werden, für das auch die Bundesrepublik in die Pflicht genommen werden müsse. Die SPD lege großen Wert darauf, daß die DDR in die EG aufgenommen werde, sie wolle jedoch auf keinen Fall ihre Wirtschaftsbeziehungen zum Osten zugunsten des Westen kappen.
Nicht mehr parallel zur europäischen Einigung könne in Zukunft der deutsch-deutsche Einigungsprozeß verlaufen, glaubt Momper, da die Entwicklung in den beiden deutschen Staaten sehr schnell voranschreite. Jetzt müsse davon ausgegangen werden, daß zuerst die Einheit Deutschlands komme und dann die Europäische Friedensordnung.
dpa/taz
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