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Kunst ist, wenn man so aussieht

■ Hochschule für Künste stellt Diplomarbeiten des Jahres aus

Brechend voll die Räume hier. Alle gekommen, weil sie dazugehören. Oder verwandt und verschwägert sind. Oder weil es hier so viel zu sehen gibt, so viel gibt es sonst nirgendwo. Und dann spricht auch noch der Waller, Hochschul -Präses und echter Künstler, aber da kann man ja wegkucken, da ist der Mehrzweckraum eh viel zu voll. Doch wenn die Rede und der offizielle Teil endlich vorbei sind, dann

verläuft sich das, dann klärt sich der Blick endlich für die Ausstellungsstücke. Und davon gibt es viele, ganz viele, ganz verschiedene, denn die Hochschule hat ja so einige Sparten, unterschiedliche Arbeitsschwerpunkte zwischen der freien Kunst, der Maler- und Bildhauerei, zwischen dokumentarischer und ganz geschniegelter Fotografie, Grafik, Illustration und Mode-Design. Und in allen Sparten gibt es frische Absolventen und was sie als Diplomarbeiten so eingereicht haben. Und was klar ist, die Hochschule für Künste setzt ihren Ehrgeiz darein, daß ihre Abgänger unterkommen und keine Flausen im Kopf haben. Da dominiert das glatte, wenig erstaunliche Mode-Design, die ebensolche Mode-Fotografie, das modische Lifestyle-Layout und alles was schön und glatt ist, sehr ästhetisch und niemanden im Ernst ärgern kann, oder auch nur belustigen. Trotzdem kennen wir hier keine Langeweile, denn die eigentliche Kunst sieht man, wenn man den Blick von den Hängewänden abwendet. Im Zeitalter der multiplen Kunst-und Werkbegriffs-Verwirrung sind es die Künstler, die sich qua Selbstinszenierung zum Künstlerin und damit ihr Produkt zur Kunst erklären. Drum sind sie hier alle so schön, die Frauen, und die Männer so exzentrisch, und alle so aufgekratzt, daß es juckt. Und richtig gelun

gen sind sie, viel besser als ihre Kunst, weil sich bei aller Malkunst nicht übertünchen läßt, daß das Material Mensch sich gegen die Stilisierung sperrt. Winzige Details sind es, die Witz versprühen, lustige kleine Löckchen, ein Zittern der Mundwinkel, ganz zart gegen die beabsichtigte Beherrschung präsent, oder andere Eigentümlichkeiten: Die Menschen hier sind sehenswert, das ist gewiß.

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