piwik no script img

Der reiche Onkel tröpfelt

■ Bausenator Nagel (SPD) schickt 25 Millionen Mark für die Altbausanierung nach Ost-Berlin

„Das ist unser ‘Bausenator, der Kurtzer“, erläutert die Frau von der Bürgerinitiative der Reporterin bei der Besichtigung am Prenzlauer Berg. „Der muß weg“. Beliebter ist der Westsenator Nagel, der sich die Häuser drüben ansah. 25 Millionen Mark will der rüberschicken, um den Verfall in Os-Berlin zu stoppen. Man werde damit 500 bis 1.000 Wohnungen instandsetzen können, schätzt der Senator. Ein Tropfen auf dem heißen Stein: Auf „drei bis vier Milliarden“ schätzte Kurtzer den Erneuerungsbedarf des Ostteils. 30.000 Wohnungen stehen dort leer, davon allein 8.000 am Prenzlauer Berg - mindestens. „Wir wollen hier nicht als der reiche Onkel aus Amerika das Geld streuen“, meinte Nagel. Man werde ganz schnell vor Ort mit Mietern, Behörden und Initiativen diskutieren, wofür man es ausgebe. Und zwar nicht nur für „Steine und Zement, auch für Bürgerläden und Treffpunkte“, meinte Nagel. „Eine Neubauwohnung für einen Übersiedler kostet 300.000 Mark, da ist das Geld hier gut angelegt.“ „Wir wollen vor allem hier die Strukturen verändern, kleine private Achitekten- und Planerbüros fördern, damit nicht diese 10.000 Mann-Kombinate alles bauen“, sagte sein Referent Fuderholz.

Das sprach den anwesenden Bürgerinitiativlern aus der Seele. „Wir haben im Moment hier Möglichkeiten wie noch nie, etwas zu verändern, aber das Geld fehlt“, meinte ein Vertreter des Sprecherrates. Man habe schon einige Projekte zusammen mit den Kreuzberger Sanierern von STERN angeleiert. „Wir sind an ökologischen Heizungen interessiert; vor allem müssen hier Handwerker ausgebildet werden“, meinte ein anderer. Viele Bauarbeiter seien in den Westen gegangen.

Die 25 Millionen habe man aus „verschiedenen Töpfen zusammengekratzt“, sagte Fuderholz auf Anfrage. Nur wenig davon stamme aus Westberliner Stadterneuerungstöpfen, „sonst macht die AL einen Aufstand“. Einen Teilaufstand machten gestern die freien Wohnungsunternehmen in West-Berlin. Grundsätzlich begrüße man, drüben öffentliche Gelder einzusetzen, erklärte der Verband. Er warnte aber davor, dem hiesigen Wohnungsbau Mittel zu entziehen. Für 1990 waren in West-Berlin Modernisierungsmittel gekürzt worden. Viele der freien Wohnungsunternehmen würden nunmehr privat modernisieren.

Mit dem Bauminister der DDR, Baumgärtel, hatte Nagel gestern besprochen, Westberliner Kleingärten gegen Ostberliner Bauland zu tauschen. Auch könne man Westberliner Studenten, so Nagel zu Baumgärtner, in Ostberliner Dachgeschossen unterbringen.

Eva Schweitzer

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen