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Wie grün sind die britischen Bosse?

■ Kaum, entdeckte ihr Fachblatt. Die Hälfte weiß nicht einmal, daß sie für Umweltschäden haften können

London (taz) - Prinz Charles hat sich wegen seines ökologischen Engagements den Spitznamen „Öko-Prinz“ erworben. Auch die britische Premierministerin Margret Thatcher gibt sich seit einiger Zeit umweltbewußt - leider mehr in Worten als in Taten, wie ihre Kritiker meinen. Wie „grün“ sind aber die Wirtschaftsbosse auf der grünen Insel? Dieser Frage ging das „Institut of Directors“, der Verband der Unternehmensleiter in Großbritannien, nach. Die Antwort einer Umfrage unter 500 britischen Betriebsdirektoren ist der jüngsten Ausgabe des Verbandsorgans 'Directors‘ zu entnehmen.

Was Ökologie angeht, sind die britischen Betriebschefs demnach ziemlich grün: hinter den Ohren. Nur in einem Drittel aller Industriebetriebe gibt es Umweltschutzverantwortliche. Im Dienstleistungssektor, zu dem Reinigungsfirmen ebenso gerechnet werden wie die Müllabfuhr, gibt es sogar nur in jedem sechsten Unternehmen einen für Umweltfragen zuständigen Angestellten oder Manager.

Die Umfrage ergab nicht nur ein Fehlen von klaren Verantwortlichkeiten, sondern ebenfalls einen eklatanten Mangel an Basiswissen. 20 Prozent aller befragten Direktoren gaben an, keine Ahnung davon zu haben, welche Auswirkungen ihre Produktion auf die Umwelt habe. Und die Hälfte der Betriebsleiter wußte nicht, daß sie persönlich für Umweltschäden haftbar gemacht werden können. Diese Zahlen, so kommentierte das Direktorenmagazin, „zeigten ein überraschend hohes Ausmaß an Selbstzufriedenheit und Ignoranz“.

Immerhin ergab die Umfrage, daß die britischen Direktoren heutzutage informierter über Umweltfragen sind als jemals zuvor. 62 Prozent würden inzwischen zum Beispiel die firmeneigenen Wagen nur noch mit bleifreiem Benzin betanken. Aber in sonstigen Umweltschutzaktivitäten haben die britischen Betriebsdirektoren ihr neues Wissen kaum umgesetzt.

Das ist wohl auch auf den im Verhältnis zur BRD geringeren Druck der Öffentlichkeit zurückzuführen. Die Umfrage des Verbandes der britischen Direktoren zeigte folgendes: Wo Betriebsleiter „ergrünt“ sind, hatte der Druck der öffentlichen Meinung daran einen entscheidenden Anteil.

Jerry Sommer

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