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Alles besetzt!

■ Hochkonjunktur für neue Ausländer- und Asylgesetzgebung

Nein, das neue Ausländergesetz, das gestern mit Schallgeschwindigkeit in erster Lesung den Bundestag passierte, ist noch kein Vorbote einer neuen ausländerfeindlichen Deutschdeutschtümelei. Das seit Monaten heftig umstrittene Gesetzeswerk ist eher die in Paragraphen gegossene Präambel einer jahrelang praktizierten Ausländerpolitik, die die Anwesenheit von ImmigrantInnen und Flüchtlingen nach dem kapitalistischen Prinzip von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt dosierte. Die Abschottungspolitik des neuen Ausländergesetzes ist deshalb nicht neu, aber sie hatte noch nie so zahlreiche, unübersehbare Kronzeugen. Früher waren AusländerInnen, die man im Zeichen der ganz speziellen Gastfreundschaft erst einmal ordentlich arbeiten ließ, am Tisch mit dem Wohlstandskuchen einfach nur nicht gern gelitten. Doch nach der Wende in der DDR kann man heute darauf verweisen: kein Stuhl mehr frei. Der Platz an der Tafel gebührt den nächsten Familienangehörigen. Als „Besetzt„-Schild draußen an der Tür kommt das Ausländergesetz gerade recht.

Die Trendwende in der Ausländerpolitik, die viele nach der Maueröffnung befürchten, wird dennoch nicht mit einem Paukenschlag kommen. Die Veränderungen werden in kleinen Schritten nahen und weniger Aufmerksamkeit auf sich ziehen als das neue Ausländergesetz, gegen das sich seit Monaten erstaunlich breiter Widerstand formiert hat. Erste Vorboten findet man vielerorts: Hier wird bei Radio Bremen das türkischsprachige Programm gestrichen, weil - das sieht heutzutage doch jeder ein - gespart werden muß. Dort wackelt auf dem Frankfurter Flughafen die finanzielle Existenz der Sozialberatungsstelle, die für Flüchtlinge als erste Anlaufstation existenziell wichtig ist. Andere Sozialstreichungen für AusländerInnen-Projekte sind nur noch eine Frage der Zeit. „Unsere“ Türken, Jugoslawen oder Griechen werden zwar auch in Zukunft bleiben dürfen - sofern sie schon im Lande sind. Schließlich hat man sich richtig an sie gewöhnt, und brauchen tut man sie auch. Unübersehbar stärker wird der Druck in Richtung Heimat eher für die schwächste Gruppe der AusländerInnen: für die Flüchtlinge aus aller Herren Länder (mit Ausnahme der DDR, die ja nun bald Mutterland ist). Asylverfahren werden im Eiltempo jeweils vor Ort durchgezogen, eine eigens geplante Außenstelle des Asylbundesamtes auf dem Frankfurter Flughafen soll die Flüchtlinge gleich hinter der Gangway abfangen, und für den 30.Juni hat Bundesinnenminister Schäuble jetzt eine auf höchster politischer Ebene erarbeitete Asylkonzeption angekündigt.

Das Flüchtlingsproblem durch finanzielle Hilfen an die jeweiligen Heimtländer lösen, soll deren gutklingende Grundidee lauten. Doch die ist genauso alt wie unrealistisch. Denn erstens lassen sich Menschenrechtsverletzungen und Bürgerkriege in der Dritten Welt kaum durch Finanzpillchen aus Bonn kurieren, und zweitens könnte selbst die wohlhabende Bundesrepublik gar nicht so viele Milliarden locker machen, wie es bräuchte, um den Lebensstandard in den Hauptfluchtländern entscheidend anzuheben. Realistischer ist, daß von all den Schäubleschen Plänen nur der Hintergedanke übrigbleibt: die massenweise „Repatriierung“ von Flüchtlingen, nach außen legitimiert durch ein paar Mark Rückkehrhilfe für die Betroffenen.

Vera Gaserow

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