: Teddybären aus Tonga gegen deutsches Spielzeug
■ Ein sehr optimistischer König wartet mit unkonventionellen ökonomischen Ideen auf
Im soeben zu Ende gehenden tonganischen Wahlkampf spielt die Wirtschafts- und Devisenbeschaffungspolitik eine bedeutende Rolle - zumindest für die neun der insgesamt 33 Parlamentarier, die morgen vom Volk gewählt werden. Der Rest der Abgeordneten wird weiterhin von der königlichen Familie gestellt. Besonders umstritten war die Idee, für japanischen Giftmüll einen Vulkan zu verplanen. Daraufhin drohte die gesamte Ärzteschaft Tongas mit Streik oder Ausreise; inzwischen ist dieser Plan erheblich abgespeckt und zu einem kleineren Lager für den Entsorgungsbedarf der Insel reduziert worden. Über die tonganische Wirtschaftsplanung sprach die taz mit dem überaus wohlwollenden Staatsoberhaupt der Insel, König Taufa'ahau Tupou IV. Zur Ökonomie Tongas, das nie eine Kolonie war, siehe nebenstehenden Kasten.
taz: Für Tonga als recht schwach entwickeltes Land ist es sicher sehr schwer, aus seiner Situation herauszukommen. Aber ich muß wirklich sagen, mit neuen Ideen ist Eure Majestät wirklich sehr raffiniert und clever. Zum Beispiel haben Sie auf einem kleinen Felsen mitten im Pazifik die tonganische Fahne hissen lassen, erklärten damit den Felsen zum tonganischen Hoheitsgebiet, was, laut Internationalem Seerechtsabkommen, einige Zehntausend neue Quadratmeilen an Fischgründen bedeutete. Und das bringt Geld.
König Taufa'ahau Tupou IV: Nun, gut, dieses kleine Riff gehörte schließlich einmal einem tonganischen Häuptling. Mit Fidschi, die das nicht anerkennen wollen, müssen wir jetzt verhandeln.
Oder das Öl. Eure Majestät ist seit Jahrzehnten sicher, daß in Tonga Öl gefunden wird.
Ja, sicher, ganz in der Nähe vom Hafen sind Ölvorkommen. Wir merken das schon an unserem Trinkwasser.
Aber gefördert wird immer noch keines. Statt dessen wollen Sie einen ganzen See leerpumpen, als Ölspeicher für den Iran. Die tonganische Meere sind ja sehr tief, ideal für Supertanker.
Wir stehen immer noch in Verhandlungen mit dem Iran. Es kann auch sein, daß wir das iranische Öl kaufen, es zwischenlagern und dann weiterverkaufen. Oder wir füllen damit unsere Schiffe und Flugzeuge. Wir haben ja jetzt auch unseren Flugplatz verlängert, damit die 747-Jumbos landen können. Wir haben alles arrangiert.
Aber einen eigenen Jet hat Ihre Fluggesellschaft „Friendly Islands Airways“ immer noch nicht.
Das wird jetzt. Wir verhandeln. Wir wollen aus den USA eine DC 8 leasen, damit fliegen wir nach Auckland, Sydney, Fidschi, und Hawaii. Die Landerechte haben wir schon.
Das soll Tongas Tourismus helfen?
Ja. Jetzt brauchen wir nur noch ein großes Hotel.
Tonga scheint ein großes Umweltbewußtsein zu haben. Das einzige neue Naturschutzgebiet im gesamten Südpazifik in den letzten Jahren ist hier entstanden. Aber andererseits verhandelt Tonga mit Japan, einen erloschenen Vulkan als Giftmüllkippe gegen Devisen sicher herzurichten. Wie geht das zusammen?
Nein, nein, das war vorgeschlagen, aber die Idee ist jetzt zurückgezogen. Aber wir brauchen eine Sondermüllkippe für unseren Giftmüll, wir haben ja auch Batterien und Altöl, Farben, kleine Mengen Chemikalien. Das müssen wir ja auch loswerden.
Sie verkaufen tonganische Pässe an Ausländer. Gestern habe ich eine junge Chinesin getroffen, die hat gerade 10.000 US -Dollar dafür gezahlt. Eine gute Einnahmequelle: Hunderte haben Sie schon verkauft, und wenn man bedenkt, daß es über eine Milliarde Chinesen gibt...“
Ja, aber das wollen wir jetzt stoppen, besonders für Rotchina, weil einige flüchten wollen, die haben was schlimmes zu Hause gemacht. Studenten auch, die dann nicht zurückwollen. Das hat Komplikationen mit China gegeben.
Weniger politische Schwierigkeiten gibt es sicher mit der Bundesrepublik, da gibt es ja seit über einem Jahrhundert einen Freundschaftsvertrag. Tongas Export zu uns ist aber sehr gering, gerade mal eine gute viertel Million Mark pro Jahr. Wie kann Tonga hier zulegen? Sollten die Deutschen lieber immer Kokosnüsse essen statt Butterbrote?
Well, Sie essen ja schon verarbeitete Kokosnüsse aus Tonga auf Kuchen, in Keksen. Das produzieren ja wir. Aber da kommen jetzt andere Produkte. Kleidung zum Beispiel, da entwickeln wir gerade kleine neue Industrien. Warme Schuhe und Stiefel aus Schaffellen für den Winter.
Schafe aus Tonga? Winterkleidung aus den tropischen Schwüle?
Schafsfell bekommen wir sehr leicht und preiswert aus Neusseland. Dann machen wir warme Schuhe für den immer so kalten deutschen Winter, und Sie können sich die Füße wärmen mit Produkten aus Tonga. Oder Schafsjacken, planen wir auch, wirklich sehr ernsthaft. Aus solchen Fellen kann man auch Spielzeug machen, Teddybären, Hündchen. Im Gegenzug können wir dann gutes pädagogisches Spielzeug aus Germany importieren, damit die Kinder hier zählen lernen oder Buchstaben identifizieren.
Interview: Bernd Müllender
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