: Faunnachmittag
Am 29. Mai 1912 fand die Pariser Premiere des Balletts „Der Nachmittag eines Fauns“ statt. Debussy hatte Mallarmes Gedicht vertont, Nijinskij ein Ballett daraus gemacht und der Baron de Meyer hielt alles fest. Auf Phototypien. Das Ereignis und Meyers pastosen Aufnahmen werden jetzt in einem prächtigen Band dokumentiert. Dazu gehören zeitgenössische Kommentare von Kokoschka, Rodin, Hofmannsthal und Odile Redon, eine Chronologie der Aufführungen und eine Bibliographie, dazu noch eine Reihe anderer Abbildungen und Fotos der Inszenierung. Die Welt von gestern in all ihrer Pracht. Die Augen gehen einem auch heute noch - oder wieder? - über.
Claudia Jeschkes Essay „Nijinskij, der Zeitgeist und der Faun“ ist leider ein weiteres Exempel für die Richtigkeit der deprimierenden bibliophilen Faustregel: je schöner die Bilder, desto unleserlicher die Texte. Hier eine Kostprobe: „In seiner Choreographie zeigt Nijinskij den Menschen als Individuum, als ein in sich und aus sich heraus definiertes Wesen, das in seiner psychologischen Natur kreaturhafte, kreatürliche Züge aufweist, gleichzeitig aber Teil eines sozialen bzw. zwischenmenschlichen Gefüges ist.“
Dann lieber Bilder statt Bildung
Nachmittag eines Fauns - Dokumentation einer legendären Inszenierung, Schirmer/Mosel, 143 Seiten, 128 DM
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