: Robert Kramer
Robert Kramer, einer der wichtigsten Dokumentarfilmer dieser Zeit, wurde 1940 in New York geboren. Seine Eltern, beide deutscher Abstammung und Amerikaner der ersten Generation, hatten sich die „deutsche Kultur“ - das war im wesentlichen Thomas Mann - als Bildungsideal bewahrt. Kramers Vater studierte in Deutschland Medizin bis zum Beginn des „Dritten Reichs“, seine Mutter war Schülerin am Bauhaus. Die ästhetische Erfahrung seiner Generation, so Kramer in diesem Interview, waren die beat poets, das Experiment mit der Auflösung der Form.
Kramer ist als Filmemacher bekannt geworden, ein „Außenseiter“ für „Insider“. Mit dem dreieinhalbstündigen Dokumentarfilm Milestones (1975) ging er den zerbrochenen Träumen (s) einer renitenten Generation nach. Er schrieb das Drehbuch zu Wenders Der Stand der Dinge. Auf dem Forum 1975 brillierte Kramer mit Notre Nazi. Mit Route One (Forum 1990) kehrte Kramer, der seit mehr als zehn Jahren in Paris wohnt, thematisch in die USA zurück.
Route One, ein Werk von vier Stunden, ist die Montage der Stationen einer Reise auf der alten, vergessenen Landstraße durch den Osten der USA, von Kanada bis Florida. Der Film bedient also nicht das Klischee der Reise in den Westen. Es ist ein radikaler, fordernder Längsschnitt durch das Amerika nach Reagan, eine Studie fundamentalistischer Rhetorik und vergessener Leben. Allerdings bricht Kramer mit den Regeln des Dokumentarfilms: Er folgt seinem Protagonisten „Doc“, gespielt von dem amerikanischen Radiojournalisten Paul McIsaac, der (in seiner Rolle) nach zehn Jahren „Afrika“ versucht, in Amerika wieder Wurzeln zu schlagen. Es ist überraschend, wie sehr die Amerikaner bereit sind, auf McIsaacs Spiel einzugehen, das ja auch Kramers Spiel mit seiner Fremdheit im eigenen Land ist. Die Amerikaner der Route One erweisen sich als perfekte Schauspieler ihrer gesellschaftlichen Rollen. Sie geben keine Interviews, sondern sie tun, was sie immer tun.
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