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Ariane-Rakete explodiert: „Fehlversuch“ Nummer fünf

■ Europäische Raumfahrt verliert ihre Spitzenposition und findet Anschluß an US-Misere / Nach der Katastrophe Alarm für 12.000 Einwohner in Kourou

Kourou (taz/ap) - Mit einem kräftigen Knall und anschließendem Feuerwerk hat gestern das europäische Raumfahrtkonsortium Arianespace seine internationale Führungsrolle im Satellitengeschäft eingebüßt. Die Trägerrakete vom Typ Ariane IV explodierte am Freitag morgen, nur zwei Minuten nach ihrem Start im Raumfahrtzentrum Kourou in Französisch-Guayana.

An Bord befanden sich ein 2,5 Tonnen schwerer japanischer Fernmeldesatellit und ein 1,3 Tonnen schwerer ebenfalls japanischer TV-Satellit, die vollständig zerstört wurden und mit den Ariane-Trümmern ins Meer stürzten. Allein die beiden Satelliten haben einen Wert von 718 Millionen Mark.

Erst zum dritten Mal war bei diesem Start die größte Trägerrakete aus dem Ariane-Programm eingesetzt, die eigens als „Raumtransportsystem der 90er Jahre“ konstruiert worden war, um noch schwerere Lasten ins All zu transportieren. Mit diesem Raketen-Typ wollte die europäische Raumfahrt ihre weltweite Spitzenposition ausbauen. Die Ariane IV war zum Inbegriff europäischer High-Tech-Kunst hochgejubelt worden. 1995 sollte sie von der noch größeren Ariane V abgelöst werden.

Nach der Explosion regnete es über der 12.000-Einwohner -Stadt Kourou Raketentreibstoff. Wegen der dadurch freigewordenen nitrosen Gase, die Übelkeit verursachen und die Atemwege schädigen, wurden die Einwohner sowie die Journalisten und Techniker auf dem Weltraumbahnhof aufgefordert, die Wohnungen und Schutzräume nicht zu verlassen und die Fenster zu schließen.

Arianespace hat nach der Explosion bis auf weiteres alle geplanten Starts annulliert. Es war der 36. Start einer Ariane-Rakete und der fünfte „Fehlversuch“. Die letzte Ariane war am 31. Mai 1986 explodiert. Bei 31 erfolgreichen Starts waren insgesamt 43 Satelliten ins All gebracht worden, was dem Raumfahrtkonsortium sechs Milliarden Mark einbrachte. Weitere 32 Satelliten waren bereits bis 1995 fest gebucht. Nach der Challenger-Tragödie war Ariane-Space zeitweise konkurrenzlos. Mehr als 50 Prozent aller Satelliten sind von den Europäern ins All geschossen worden. Erster Kommentar des französischen Raumfahrtministers Quilles nach dem Absturz: „Risiken gibt es bei jedem Start, das gehört zum Geschäft.“

Als Unglücksursache werden Antriebsprobleme angenommen. Der Präsident von Arianespace, Frederic d'Allest, berichtete von einem plötzlichen Druckabfall der Antriebsmotoren. Nach weiteren Expertenaussagen ist der erste von vier Motoren schon fünf Sekunden nach dem Start ausgefallen. 25 Sekunden später streikte der zweite Antrieb. Danach sei die Rakete nicht mehr lenkbar gewesen und bis zur Explosion in wildem Zickzack geflogen.

Wertarbeit „made in Germany“ soll an der Katastrophe keine schuld haben. Die Deutsche Aerospace teilte nur wenige Stunden nach dem Start mit, daß die von Messerschmitt-Bölkow -Blohm (MBB) gelieferten Flüssigkeitszusatzraketen „ordnungsgemäß gearbeitet“ hätten.

Unterdessen demonstrierte der stellvertretende ESA -Generaldirektor für internationale Angelegenheiten, Klaus Iserland, ungebrochenen Zweckoptimismus. Er rechne trotz des Unglücks in Kourou fest mit mehreren Ariane-Starts noch in diesem Jahr, sagte Iserland in einem Rundfunkinterview. Möglicherweise müßten vorgesehene Flüge lediglich um einen Monat verschoben werden. Eine Gefahr, daß Kunden nach den Erfahrungen der Japaner ihre Aufträge zurückzögen, bestehe „überhaupt nicht“. Allenfalls könnten sich die Verhandlungen bis zum Abschluß neuer Verträge in nächster Zeit verzögern.

-man

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