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Für 500-600 Milliarden D-Mark Investitionen in der DDR?

Deutsche Bank erwartet aber keine größeren Belastungen für den Bundeshaushalt / Wirtschaftsgespräche der Deutschen Bank sind Renner der Messebesucher Das vornehme Frankfurter Institut residiert wieder an bevorzugter Stelle in der DDR-Show / Fünfzig Deutsch-Banker arbeiten schon an Ausdehnung in die DDR  ■  Aus Leipzig Dietmar Bartz

„Wie ist die Lage?“ „Alles bestens!“ rufen sich zwei aufgeräumte Unternehmer-Berater im Gewühl rund um den Stand der Deutschen Bank zu. Das größte Geldhaus der Republik hat sich geschickt plaziert. Während etwa die Konkurrenz von der Dresdner Bank zwar den DDR-Unternehmerverband präsentieren kann, aber in Halle 16 zwischen den Gemeinschaftsständen von Nicaragua, Palästina oder (Nord-)Korea etwas ab von den großen Besucherströmen liegt, residiert die Deutsche Bank zwischen den Hallen 3 und 6, in denen die Creme der bundesdeutschen und westeuropäischen Industrie ausstellt.

In den vergangenen Jahren wurde über große Geschäfte, vor allem über Handelsfinanzierungen, auf der Messe eher am Rande gesprochen. Allenfalls kam, was monatelang verhandelt worden war, in Leipzig mit einer spektakulären Vertragsunterzeichnung zum Abschluß, schlichte Präsenz war Pflicht. Diesmal ist das Messeprogramm der Bank jedoch deutlich auf den neuen DDR-Unternehmer zugeschnitten.

Zu einem Renner sind gleich vom ersten Tag an die „Leipziger Wirtschaftsgespräche“ geworden, mit denen die Bank über Betriebsberatung und Marketing, Existenzgründung oder Immobilienfinanzierung und natürlich, Joint-ventures informiert. Spitzenreiter waren allerdings die Vorträge über „soziale Marktwirtschaft“. Die Einlaßkarten gingen so schnell über den dichtumlagerten Tresen, daß die bildungshungrigen DDR-Interessenten oftmals nur noch mit einer Handvoll Broschüren getröstet werden konnten.

Und schließlich sorgen noch mehrere Gruppen von „Beratungsteams“ dafür, daß dem angehenden Selbständigen seine brennenden Fragen unverzüglich beantwortet werden.

Zusammenkunft als „Kommunikationsplattform“

Gertrud Höhler, Kommunikationsberaterin der Deutschen Bank, hat auch im Vortrag von Referent Rautenbach von der Deutschen Bank Wuppertal ihre Spuren hinterlassen. Rautenbach soll ein Kurz-Seminar über „moderne Betriebsführung im Handwerk“ einleiten, ein Dutzend InteressentInnen haben sich dazu eingefunden.

„Unsere heutige Zusammenkunft ist auch als Kommunikationsplattform gedacht“, beginnt der Referent. Patentrezepte könnten natürlich nicht gegeben werden. Die kleine Veranstaltung solle auch kein Vortrag sein, sondern Platz für viele Fragen lassen und eine Orientierungshilfe darstellen, „um mit einem Beratungsteam Antworten zu finden“.

Die Bescheidenheit lohnt, das Auditorium entspannt sich, und ein Betriebsberater der Handwerkskammer Düsseldorf überfliegt kurz die Grundbegriffe von Marketing, Rechnungswesen und auch die hohe Motivation von Angestellten im Handwerk, wenn sie nicht traditionell-patriarchalisch behandelt werden.

Die Nachfragen sind dann aber eher konfus und reichen vom (Ost-) Steuersystem bis zur optimalen Rechtsform eines Handwerksbetriebes. Nur zur modernen Betriebsführung will niemand etwas wissen. Die Verwirrung steigert sich noch, weil Rautenbach wie auch sein Beraterkollege Bellenberg unausgesprochen voraussetzen, daß die DDR bereits zur Bundesrepublik gehört. Da ist dann von Arbeitnehmer -Freibeträgen die Rede und von Eigenkapital-Hilfsprogramm schließlich sieht sich doch einer der Veranstaltungsbesucher zu der Erklärung genötigt: „Ich gehe mal von der Zweistaatlichkeit aus.“

Kopper: „Dem Ganzen verpflichtet“

Und dann ist die Dreiviertelstunde schon vorbei, der Raum wird gebraucht, weil der nächste Vortrag, nun über Existenzgründungen, drängt. Finanzierungsgespräche werden schon jetzt angeboten. „Aber der erste Weg sollte sein, daß sie uns heute ihre Adresse dalassen.“

Nicht als Betriebs-, sondern als Volkswirt zeigt sich dann der Chef des Hauses, Hilmar Kopper, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, „die sich traditionell dem Ganzen verpflichtet fühlt“, drängt ebenfalls, er aber auf die Währungsunion. Für ein allmähliches oder stufenweises Vorgehen sei angesichts der anhaltend starken Abwanderung keine Zeit. „Der gordische Knoten, der die Wirtschaft der DDR fesselt, muß mit einem Schnitt getrennt werden.“

Da können die zweihundert Journalisten, die zum Pressegespräch gekommen sind, noch so bohren, Kopper weigert sich beharrlich, „hier so aus der Hüfte ein paar luftige Umtauschverhältnisse“ bekanntzugeben. Für „nicht ausgeschlossen“ hält er immerhin, daß in den kommenden zehn Jahren 500 bis 600 Milliarden D-Mark in die DDR fließen werden. Größere Defizite beim Bundeshaushalt erwartet er nicht - das Geld werde überwiegend von der Privatwirtschaft aufgebracht, behauptet er.

Fünfzig Deutsche-Bank-Beschäftigte gehören einem „Projektteam DDR“ an, das „die Ausdehnung des Dienstleistungs- und Finanzierungsangebots der Deutschen Bank in die DDR“ vorbereitet. Weitere hundert Beschäftigte werden derzeit für den Einsatz in der DDR geschult, und mit zehn Büros ist die Bank bereits in den größeren Städten vertreten, von denen aus die „Mitarbeiterteams“ das ganze Land bereisen können. Hauptaufgabe und ein „Konzept der praktischen Hilfe“ sei es, so Kopper, „westliches Wirtschafts-Know-how“ in die DDR zu bringen. Dieser Weg sei zwar „nicht besonders spektakulär, aber effektiv.“

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