Mandela trifft Oliver Tambo in Schweden

Schweden ist das erste Land außerhalb des afrikanischen Kontinents, das Nelson Mandela nach seiner Freilassung bereist  ■  Aus Stockholm G. Petterson

„Es ist nichts passiert, was eine Aufhebung oder Abschwächung der wirtschaftlichen Sanktionen gegenüber Südafrika rechtfertigen würde. Präsident de Klerk ist ein integrer Mann, aber an der Apartheidspolitik seiner Partei hat sich nichts geändert.“ Dies sagte Nelson Mandela am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Stockholm, in deren Verlauf er die schwedische Regierung zu einer Intensivierung der Sanktionen und zu einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Südafrika aufforderte. Daß er als erstes Land außerhalb Afrikas Schweden besuche, begründete Mandela damit, daß die Anti-Apartheidsbewegung und der ANC von Schweden bisher die größte Unterstützung erhalten hätten. Kein Geheimnis ist es jedoch, daß vor allem einer Mandelas Reiseziel bestimmte: Oliver Tambo.

An der Grenze zwischen Tansania und Sambia hatten sie sich 1962 zum letztenmal gesehen. Der eine wurde gefangengenommen und über 27 Jahre ins Gefängnis gesteckt, der andere - Tambo - ging ins Exil. In Stockholm trafen sich die beiden führenden Köpfe der südafrikanischen Anti-Apartheidsbewegung nun wieder. Abgeschirmt von der Presse fand das als historisch eingestufte Treffen in Schloß Haga vor den Toren Stockholms statt, anschließend folgten Winnie und Nelson Mandela Oliver Tambo ins Krankenhaus, in dem Tambo medizinische Hilfe nach einer Gehirnblutung erhält. Ob Tambo derjenige sein wird, der als Repräsentant der ANC die Verhandlungen mit der südafrikanischen Regierung führen wird, wurde von Mandela nicht direkt beantwortet. Dies müsse der ANC entscheiden.

Mandela, der auf Einladung der schwedischen Regierung nach Stockholm kam, führte am Dienstag zweistündige Diskussionen mit Regierungschef Ingvar Carlsson und seinem Kabinett. Heute wird Mandela den englischen Labour-Führer Neil Kinnock treffen. Dieser Begegnung wird besondere Bedeutung beigemessen, da die englische Regierungschefin Margaret Thatcher abweichend von der offiziellen EG-Linie eine Aufweichung der Boykottbestimmungen plant. Ob er mit Margaret Thatcher direkt sprechen werde, sei eine Entscheidung der ANC-Leitung, sagte Mandela auf der Pressekonferenz. Aber auch er könne nichts anderes sagen als: „Intensiviere die Sanktionen.“

Die Außenminister der nordischen Staaten hatten erst letzte Woche auf einer Sitzung in Finnland klargemacht, daß sie die von der ANC empfohlene Boykottlinie beibehalten. Ingvar Carlsson versicherte eine Fortsetzung der ANC-Unterstützung und „darüber hinaus aller Anti-Apartheidskräfte inner- und außerhalb Afrikas“. Ein von der Regierung eingesetztes Südafrika-Komitee veröffentlichte vergangene Woche, daß in den letzten Jahren so gut wie keine Investitionen schwedischen Kapitals in Südafrika vorgekommen seien. Seit 1979 ist die Anzahl schwedischer Unternehmen in Südafrika von zehn auf fünf zurückgegangen.

Der 71jährige Mandela, der unter anderem mit dem Gewerkschaftsführer Cyril Ramaphosa und Thabo Mbeki, dem internationalen Sekretär des ANC nach Schweden kam, sprach am Dienstag nachmittag vor dem schwedischen Reichstag. Abschluß des einwöchigen Besuchs wird eine Riesengala im Stockholmer Sportpalast „Globen“ sein. Hauptredner: Nelson Mandela und Ingvar Carlsson.