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Herzog berät mit Israels Parteien

Sowohl Arbeiterpartei als auch Likud wollen Regierung bilden Chancen für erstere stehen besser / Likud wählt wieder Schamir  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israels Staatspräsident Chaime Herzog hat gestern die vier Knesset-Fraktionen zu Beratungen über die Möglichkeiten einer neuen Regierungsbildung empfangen. Sowohl die sozialdemokratische Arbeiterpartei als auch der rechtskonservative Likudblock haben ihren Anspruch auf Regierungsbildung angemeldet. Dabei hat die jetzt stärkste Fraktion im Parlament, die Arbeiterpartei, offenbar die besten Aussichten, von Herzog mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden. Sie schlägt Schimon Peres als ihren Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vor. Peres meint, er könne mit den religiös-orthodoxen Parteien und drei Oppositionsgruppen, die links von der Arbeiterpartei stehen, eine „Koalition des Friedens“ bilden, die zwei arabische Listen in der Knesset und die „Demokratische Front“ (KP) im Parlament unterstützen werden, ohne selbst Mitglieder der Koalition zu sein. Später wird man sich voraussichtlich auch an den Likud mit der Aufforderung wenden, dieser Koalition beizutreten.

Likud will erneut Schamir damit beauftragen, eine neue Regierung zu bilden. Einstweilen kommen dafür nur ein paar der religiösen Parteien und der rechtsextremen Oppositionsparteien in Frage. Ohne Schamir an der Spitze hätte Likud bestimmt bessere Chancen, doch der hat derzeit keine Absicht, abzudanken. In der Parteiführung wurden gestern Stimmen laut, die Vizepremier David Levy zum Führer machen wollen. Aber mit Hilfe des Rechtsaußen Ariel Scharon wurde die Levy-Kandidatur einstweilen abgelehnt. Doch Schamirs Situation in der Übergangsregierung ist auf die Dauer unhaltbar: Er soll nicht nur Premierminister, sondern soll verantwortlich für nicht weniger als zehn Ministerien sein, die durch den Abzug der Arbeiterpartei „frei„geworden sind. Voraussichtlich soll Außenminister Mosche Arens nun auch das Sicherheitsministerium übernehmen, das für die besetzten Gebiete verantwortlich ist.

Politische Beobachter sind zwar davon überzeugt, daß Peres die nächste Regierung bilden kann, glauben aber nicht, daß diese „kleine Koalition“ von Dauer sein kann. Es ist anzunehmen, daß neue Wahlen stattfinden werden, bevor es zu ernsten Gesprächen mit der PLO kommen kann. Damit verschiebt man den Friedensprozeß wieder auf ein weiteres Jahr.

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