: Bankenfusion mit vielen Hindernissen
■ Die Berliner Bank und die Berliner Sparkasse brauchen einander für das neue Ostgeschäft / Den einen fehlt eine Kapitalerhöhung, den andern eine Ausweitung ihres Geschäftsbereiches / Die Senatsparteien wollen die Fusion eventuell über eine Holding realisieren
Die geplante Fusion zwischen den beiden größten Geldinstituten Berlins, der Sparkasse und der Berliner Bank (BB), soll jetzt schnell abgeschlossen werden. So jedenfalls möchten es Wolfgang Steinriede, Chef der Berliner Bank, und sein Sparkassenkollege Hubertus Moser. Lange Zeit war es still um die Pläne. Doch jetzt kommt in die Sache wieder Bewegung. Am letzten Donnerstag trafen sich alle Beteiligten im Gästehaus des Senats.
Die Fusion hat „vor dem Hintergrund des 9. November erst die richtige Bedeutung“ bekommen, äußerte Sparkassenchef Moser letzte Woche auf der Bilanzpressekonferenz. Geht es für die Institute doch um größeren Kreditspielraum, um Festigung der Position auf dem sich neu formierenden Ostmarkt. Doch der Berliner Bank fehlt das Geld, um weitere Kredite geben zu können. Sie benötigt dringend 300 Millionen D-Mark Eigenkapitalerhöhung, doch Finanzsenator Meisner hat schon abgewunken, will aber die 51prozentige Mehrheitsbeteiligung an der BB behalten.
Die Sparkasse hat das Geld, kann es aber nicht gewinnbringend verleihen, da ihr das sogenannte Regionalprinzip enge Geschäftsgrenzen setzt. Zudem ist das Geld bei ihr in altmodischen Formen angelegt. Damit verdient es sich zwar bislang bestens, doch die oft von alten Leuten gehaltenen Bestände verringern sich auf „natürlichem Wege“ bzw. werden gewinnbringender angelegt, und der Sparkasse entstehen zunehmend Verluste.
Das Argument der Banker ist nun: Fügte man die Institute zusammen, profitierte die BB von den noch immer hohen Kapitalbeständen der Sparkasse; die wiederum - durch die bei Fusion und Umwandlung in eine Aktiengesellschaft nötige Änderung des Sparkassengesetzes - würde unter anderem von ihrer Regionalbeschränkung befreit. Es entstünde ein für den Ostmarkt gerüstetes großes Berliner Geldinstitut.
Doch die Sache hat einige Haken, deren größter für die Sparkasse ist, wandelte sie sich in eine Aktiengesellschaft, flöge sie aus dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) hinaus. Denn der duldet nur Institute, die nach dem öffentlich-rechtlichen Prinzip arbeiten. Verloren wäre damit für die Sparkasse auch das weltweite Dependancenetz des Sparkassenverbandes. Und ausgerechnet Berlin hätte dann weder eine Sparkasse, noch eine Landesbank.
Nachdem im Herbst erstmal die Pläne im politischen Getriebe hängengeblieben waren, unterbreiteten die Bankvorstände intern neue Vorschläge: Jetzt sollte die zuvor nur als erster Schritt hin zu einer Fusion geplante Bildung einer Holding als gemeinsamer Dachgesellschaft auch der letzte sein. Die beiden Banken würden rechtlich selbständig weiterbestehen, und auch die besonders von den Gewerkschaften befürchtete Zusammenlegung etlicher Geschäftsstellen und die damit einhergehenden Arbeitsplatzverluste würden vermieden. Zwar müßte auch bei dieser Lösung eine Aktiengesellschaft gegründet werden, doch der Name Sparkasse bliebe erhalten - so hoffen die Banker. Inzwischen haben nämlich Bankfachleute aufgeworfen, daß der DSGV gegen die Beibehaltung des Namens Sparkasse bei gleichzeitigem AG-Status Klage erheben könnte. Obwohl Stillschweigen vereinbart wurde, sickerte vom Donnerstagtreffen einiges durch: So wurde im Vorfeld gemunkelt, auch der DAG dominierte Betriebsrat der Sparkasse könnte wie die DAG-Kollegen von der BB, seinen Widerstand aufgeben. Das ist aber nicht passiert. Für den Betriebsratsvorsitzenden Tesch gibt es zwei Essentials: Der Name Sparkasse muß unbedingt erhalten und eine mögliche Zusammenarbeit mit der Ostschwester der Sparkasse offenbleiben.
In den Fraktionen von SPD und besonders AL gibt es immer noch Widerstände. Die Kritiker, die in der gegenwärtigen Phase jedoch nicht namentlich genannt sein wollen, möchten unbedingt den öffentlich-rechtlichen Status der Sparkasse erhalten. Speziell die AL dringt darauf, daß ein eigenes Institut erhalten bleibt, mit dem z.B. Investitionen in den Umweltschutz finanziert werden können.
In AL-Kreisen wird auch diskutiert, einer Fusion zuzustimmen, bei der aus den Landesanteilen (Sparkasse 100 Prozent und BB 51 Prozent) eine „öffentlich-rechtliche Holding“ gebildet würde. Dabei ist allerdings einerseits die rechtliche Seite noch nicht geklärt, und andererseits wäre wohl mit dem entschiedenen Widerstand besonders der Gothaer Versicherung AG zu rechnen, die eine 25prozentige Schachtelbeteiligung an der Berliner Bank hält. Denkbar wäre auch, daß Land gäbe seine Mehrheitsbeteiligung an der Berliner Bank auf, und die würde sich auf dem privaten Kapitalmarkt ihre Eigenkapitalerhöhung beschaffen. Die Sparkasse jedoch bliebe voll in öffentlicher Hand.
Die Institutsleitungen sind daran interessiert, das Vorhaben jetzt schnell durchzuziehen. Zur Bilanzpressekonferenz Ende April möchte BB-Chef Wolfgang Steinriede ein Ergebnis präsentieren. Ihm dauert es ohnehin bereits viel zu lange, werde eine Fusion doch schon als CDU/FDP-Koalitionsvereinbarung bei dem erwarteten Wahlsieg Anfang '89 vorgesehen. Wäre es so gekommen, die Sache wäre wohl längst vom Tisch, doch die Zeiten ändern sich... Naja.
Jan Lerch
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