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Stasi-Überprüfung der Abgeordneten beginnt

■ Alle Abgeordneten sollen vor Konstituierung der Volkskammer überprüft werden / De Maiziere dementiert Stasi-Mitarbeit

Ost-Berlin (dpa/ap) - Alle 400 Abgeordneten der neu gewählten DDR-Volkskammer sollen auf eine mögliche Mitarbeit bei der früheren Stasi überprüft werden. Bis heute abend 17 Uhr sollen alle Parteien ihre Zustimmung dafür geben. Die zuständige noch amtierende Kommission mit Regierungsauftrag hat inzwischen allen in die Volkskammer gewählten Parteien und Gruppen ihre Vorschläge für eine neu zu bildende Überprüfungskommission übermittelt.

Darin sollen je ein Vertreter der jeweiligen Partei, der Staatsanwaltschaft und der Kirche mitarbeiten und Einblick in die unter Verschluß gehaltenen Stasi-Akten über die Abgeordneten nehmen. Das Ergebnis werde den Betroffenen unter Wahrung des Persönlichkeitsschutzes mitgeteilt.

Der Vorsitzende der CDU in der DDR, Lothar de Maiziere, hat Vorwürfe wegen einer angeblichen Tätigkeit für den DDR -Staatssicherheitsdienst erneut zurückgewiesen. „Ich stelle dies ausdrücklich in Abrede“, sagte de Maiziere am Donnerstag vor Journalisten in Bonn. Er habe lediglich „wie jeder Rechtsanwalt“ in der DDR im Interesse seiner Mandanten Kontakte zur Stasi haben müssen.

Über entsprechende Vorwürfe hatte die 'Süddeutsche Zeitung‘ berichtet und darauf verwiesen, daß Hinweise auf de Maizieres angebliche Stasi-Tätigkeit offensichtlich aus der gleichen Quelle wie die Angaben über den zurückgetretenen Vorsitzenden des „Demokratischen Aufbruchs“, Wolfgang Schnur, stammten. Der CDU-Vorsitzende sagte dazu, der anonyme Brief sei bereits im Januar an die DDR-Parteien und die Kirchen geschickt worden.

Die CDU habe dem jedoch damals bereits am Runden Tisch widersprochen. Offensichtlich sei der Vorwurf „im Zusammenhang mit dem Wahlergebnis“ erneut „gespielt“ worden.

Das Bürgerkomitee, das bisher die Auflösung des früheren Ministeriums für Staatssicherheit in der Ostberliner Normannenstraße mit überprüft, soll nach den Vorstellungen der wichtigen Volkskammer-Parteien weiterarbeiten.

Unterdessen bemühen sich die Parteien um einen rechtlich einwandfreien Weg, um zu überprüfen, ob neugewählte Abgeordnete für die Stasi gearbeitet haben. Das Bürgerkomitee hat sich nach Angaben vom Donnerstag an CDU, SPD, Bündnis 90 und PDS mit der Bitte um Weiterarbeit gewandt. Diese sei von diesen Parteien zumindest so lange zugesagt worden, bis sich der Kontrollausschuß des neuen Parlaments gebildet hat.

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