Ist das Mordkomplott eine „Knast-Lampe“?

■ Staatsanwaltschaft blieb bislang den Beweis für angeblichen Mordanschlag auf Oberstaatsanwalt Fätkinheuer schuldig / Fätkinheuer war bei der Durchsuchung in Tegel zugegen, obwohl er vom Generalstaatsanwalt aufgefordert worden war, fernzubleiben

Die am 16. März in der Tegeler Haftanstalt durchgeführte Durchsuchung wegen eines „geplanten Mordanschlags“ auf den Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Fätkinheuer steckt voller Merkwürdigkeiten: So war der von dem angeblichen Mordplan betroffene Fätkinheuer bei der Durchsuchungsaktion persönlich zugegen, obwohl er von dem Generalstaatsanwalt beim Landgericht, Heinze, eindringlich aufgefordert worden war, dort nicht zu erscheinen. Daß Angehörige der Ermittlungesbehörde nicht in eigener Sache tätig werden dürfen, gehört zum kleinen Einmaleins der Juristenausbildung. Indem Fätkinheuer sich kurzerhand über dieses Gebot hinwegsetzte, entstand der Verdacht, daß das Ermittlungsverfahren nicht objektiv durchgeführt worden ist: Ein Staatsanwalt kann in einer Sache, in der er selbst betroffen ist, nicht unbeeinflußt ermitteln. Bestärkt wird dieser Verdacht auch dadurch, daß die für organisierte Kriminalität zuständige Abteilung69 der Staatsanwaltschaft der Fätkinheuer als Leiter vorsteht - den ersten Zugriff auf die Ermittlungen hatte und nicht die dafür zuständige Staatsanwaltschaft für Kapitalverbrechen. Fätkinheuer weigerte sich gestern, zu dem Vorgang Stellung zu nehmen. Sein einziger Kommentar: „Sie hören sehr viel. Sie werden verstehen, daß ich dazu aufgrund meiner Einbindung keine Angaben machen kann.“ Generalstaatsanwalt Heinze bestätigte auf Nachfrage lediglich, daß er „vorab“ von der Durchsuchung und der geplanten Festnahme der sechs Gefangenen in Tegel informiert worden sei. Er habe die Aktion gebilligt, weil „aufgrund der Information, daß ein Staatsanwalt umgebracht werden sollte, Eile geboten war“, sagte Heinze. Nach Erkenntnissen der taz soll Heinze jedoch im Fünfeck gesprungen sein, als er von Fätkinheuers Präsenz in Tegel erfuhr.

Den sechs des Mordkomplotts an Fätkinheuer beschuldigten Gefangenen - einer davon, wie berichtet, Gastwirt Manne Brumme - wurde bis heute nicht mitgeteilt, aufgrund welcher Beweise sie in U-Haft sitzen. In ihrem Haftbefel wegen Anstiftung zum Mord heißt es lediglich, daß die Beweismittel „vertraulich“ seien. Wie berichtet war die Nacht- und Nebel -Dursuchungsaktion unter Aufgebot von 150 schwer bewaffneten Polizisten damit begründet worden, daß die Staatsanwaltschaft von einem Hinweisgeber den Tip bekommen habe, daß Fätkinheuer für 50.000 bis 70.000 Mark erschossen werden sollte. Im Krimialgericht Moabit wird bereits gemunkelt, daß die Staatsanwaltschaft einer „Knast-Lampe“ (falschen Anschuldigung eines Knackis. d.Red.) aufgesessen ist. Nach Informationen der taz werden im Knast schon mehrere Namen von Gefangenen gehandelt, die aus verschiedenen Gründen Anlaß gehabt haben könnten, einen oder alle sechs Beschuldigten anzuschwärzen.

Unterdessen hat der Haftrichter gegen die sechs Beschuldigten schwerste Sicherheitsvorkehrungen in der U -Haft verhängt. Die Gefangenen, die in Tegel alle unmittelbar vor Vollzugslockerungen standen, müssen jetzt Knastkleidung tragen, haben Einzelhofgang und müssen allein duschen. Selbst die Kontaktaufnahme mit ihren Anwälten versuchte die bis vor wenigen Tagen zuständige Abteilung69 zu verhindern: Ein Justizbeamter, der einen Anwalt zu seinem Mandanten gelassen hatte, wurde dafür von einer Staatsanwältin der Abteilung69 höchstpersönlich zusammengestaucht.

plu