: Pöhl gegen Umtauschkurs von 1:1
■ Währungs- und Sozialunion mit der DDR: Umstellung auf 1:1 auch bei Löhnen und Renten
Hamburg (dpa) - Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl hält einen Umtauschkurs von 1:1 für die Sparkonten der DDR im Zuge der Währungsunion für problematisch. In einem Fernsehinterview verwies er darauf, daß in diesem Falle auch die Schulden in der DDR 1:1 umgetauscht werden müßten. Es sei sehr fraglich, ob die Wirtschaft der DDR dies wirklich verkraften könnte.
Die Außenhandelsschulden der DDR liegen womöglich noch höher als der bisher genannte Betrag von 24 Milliarden Dollar. Bundesfinanzminister Theo Waigel sieht diese Schulden bereits auf die Bundesrepublik zukommen.
Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, Hans Peter Stihl, lehnt einen generellen Umtausch von Ostmark in D-Mark im Verhältnis 1:1 ab. Vor der Industrie- und Handelskammer in Bremerhaven vertrat er ferner die Auffassung, vor dem Beginn der Währungsunion sollten bestimmte Voraussetzungen klar formuliert werden, um die Risiken möglichst klein zu halten. So müsse die DDR parallel zur Währungsunion die wichtigsten marktwirtschaftlichen Formen wie Privateigentum und freie Preisbildung durchsetzen.
In Bonn ist dagegen zu hören, die Währungs-, Wirtschafts und Sozialunion mit der DDR nehme allmählich Formen an. Bei Renten, Löhnen und kleinen Sparguthaben in der DDR wird es bei der Umstellung auf die D-Mark zu einem Kurs von 1:1 kommen, war in Bonner Regierungskreisen zu erfahren. Endgültige Entscheidungen seien aber noch nicht getroffen.
Eine Ministerrunde unter Vorsitz von Bundeskanzler Helmut Kohl hat sich inzwischen darauf verständigt, die DDR-Renten von derzeit 50 Prozent des Nettolohns auf 70 Prozent entsprechend der Regelung für Bundesbürger - nach 45 Versicherungsjahren anzuheben. Für erste erhöhte Rentenzahlungen scheint der 1.September im Gespräch zu sein. Der Beitragssatz soll in der DDR wie in der Bundesrepublik 18,7 Prozent betragen.
Wie in Regierungskreisen weiter zu erfahren war, liegt den jetzigen Überlegungen für die Sozialunion bei der Umstellung für Löhne und Renten ein Verhältnis von 1:1 zugrunde. Dem Vernehmen nach lassen sich die Sozialpolitiker von der Überlegung leiten, daß andernfalls hohe Sozialhilfeleistungen als Kaufkraftausgleich gewährt werden müßten.
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