: Große Koalition der Volksvergifter
Im Bundesratsausschuß stimmten CDU-Länder und das SPD-geführte NRW für die Verbrennung von Müll in Fabrikanlagen / Dort gelten dann nicht so strenge Vorschriften / Grüne wollen gegen das Gesetz mobilisieren ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Die Grünen haben in einem Brief die Ministerpräsidenten der Länder dringend aufgefordert, im Bundesrat der Verbrennung von Müll in Fabrikationsanlagen die Zustimmung zu verweigern. Die CDU/FDP-Koalition hatte Mitte März in einem „handstreichartig“ (so Willi Hoss, die Grünen) eingebrachten Zusatz zum Abfallgesetz beschlossen, daß Müllverbrennung auch in Anlagen zulässig sein soll, „die überwiegend einem anderen Zweck als der Abfallentsorgung dienen“ - also in Stahlwerken, Zementfabriken, Glasschmelzen oder Kupferhütten. Dafür sollen dann nicht die strengeren Werte für speziell gebaute Müllverbrennungsanlagen gelten, sondern nur die weit geringeren Kritierien der TA Luft.
Dieses Verfahren spreche „jeglicher Umwelt- und Gesundheitspolitik Hohn“, urteilen die Grünen. Diese „unzumutbare Untergrabung“ des Abfallgesetzes dürfe nicht ohne Mitwirkung des Bundesrats vorgenommen werden, verlangen die Grünen. Sie wollen gemeinsam mit Bürgerinitativen den Widerstand gegen die Gesetzesänderung mobilisieren.
Doch die Hoffnungen auf einen Stopp der Müllverbrennung durch den Bundesrat scheinen unrealistisch. Nach Informationen der taz hat der zuständige Ausschuß des Bundesrates es in nichtöffentlicher Sitzung bereits abgelehnt, das Gesetz zu verändern. Dabei haben im Ausschuß die SPD-regierten Länder die Mehrheit, denn anders als im Plenum hat dort auch Berlin Stimmrecht. Doch nicht nur die CDU-geführten Bundesländer verweigerten sich einer Veränderung, sondern auch das SPD-Land NRW. Das SPD-regierte Bremen enthielt sich, und die SPD-Länder Berlin, Schleswig -Holstein, Saarland und Hamburg stimmten gegen das Gesetz. Die Haltung des Landes NRW überrascht nicht. Nur zugeben möchte man es in Düsseldorf nicht. Der Sprecher des Umweltministeriums betont, man „prüfe noch“, welche Position man zur Gesetzesänderung habe. In Bonner Regierungskreisen wird zudem darauf verwiesen, daß die Idee für die Gesetzesänderung ursprünglich von NRW-Umweltminister Matthiessen (SPD) stamme. Matthiessen bemüht sich darüberhinaus, die rot-grünen West-Berliner erst in die Müllnotlage und dann auf Linie zu bringen: Er verhinderte jetzt einen bereits geschlossenen Vertrag des Landes Berlins mit einer nordrhein-westfälischen Firma, die rund 50 Prozent des West-Berliner Sondermülls zur Deponierung übernehmen wollte. Die Berliner Umweltsenatorin Schreyer (AL) ist nach den Worten ihres Sprechers nicht grundsätzlich gegen eine Verbrennung, allerdings nur als letzten Schritt nach der Müllvermeidung und dem Recycling.
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