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PDS-Bremen vor der Gründung

■ Alte, neue und Ex-DKP'ler auf Gysis Spuren: Gründungswettlauf begonnen, Beitritte schon beantragt

Auf der Rostocker Wahlfete der PDS löste die Nachricht am Abend des 18. März Jubel aus: „Auch in Bremen (BRD) hat sich eine PDS gegründet“, verkündete ein namenloser „Demokratischer Sozialist“ in die allgemeine Stimmungsmelange aus Katzenjammer und bedämpftem Optimismus. Der Jubel unter den versammelten SED-Wende-NachfolgerInnen war verfrüht, die Meldung offensichtlich eine Ente. In Bremen will es jedenfalls niemand gewesen sein. Noch.

Diskutiert wird in einschlägigen Kreisen allerdings bereits heftig, ob, wann und wie auch die Bundesrepublik im allgemeinen und Bremen im besonderen eine PDS braucht. „Einschlägig“ ist zum einen die vor einigen Monaten aus ihrer Partei ausgetretenen „Erneuerungsfraktion“ der DKP. Seit ihrem Massenaustritt Ende letzten Jahres überleben die parteinintern gescheiterten und seither heimatlos gewordenen Reformer bei regelmäßigen Zirkeltreffen in der Villa Ichon. Ziel der mit 30 bis 40 Ex-GenossInnen eher mäßig besuchten Treffen: die „strategische Neubestimmung der Linken“ und ihre „organisatorische Vernetzung“.

„Die Bremer Gründung der PDS liegt in der Luft“, beschreibt Wolfgang Janzen, einer der ehemals profiliertesten DKP -Reformer und Teilnehmer des Ichon-Zirkels die Stimmung. Auch Bremens Ex-DKP-Vorsitzender, Dieter Gautier, ist schon mehrfach von potentiellen PDS/Bre

men-Mitgliedern angerufen worden, die erfahren wollten, wo die Beitrittsformulare abgeholt werden können.

Daß sie schon in absehbarer Zeit verschickt werden könnten, will Gautier inzwischen nicht mehr ausschließen, auch „wenn mir persönlich das ganze zu plötzlich und zu schnell geht“. Eigentlich hatten die Aktivisten unter den Ex-DKPlern zunächst ein „sozialistisches Forum“ in Bremen gründen wollen, um „die notwendige Neuorganisation der Linken“ auf eine breitere Basis zu

stellen. Schon am kommenden Wochenende könnte dieser Fahrplan aus den Fugen geraten. Auf einem Bundeskongreß in Köln wollen die Ex-DKP-Erneuerer die neue Lage neu diskutieren. Unter den Kongreßunterlagen findet sich ein Strategie-Papier „Pro und Contra PDS-Gründung“.

„PDS - ja oder nein?“ Diese Frage geistert inzwischen auch durch die Restbestände der DKP. Nach der Wende der „befreundeten Partei“ in der DDR stehen auch Bremens 200 Altkommu- nistInnen vor der Frage, ob sie sich im letzten Moment der Wende anschließen sollen oder sich in Zukunft als letzte Bastion des reinen Sozialimus auf deutschem Boden definieren sollen. Daß sie vorsorglich „dopppelstrategisch“ schon mal eine PDS gegründet hätten, dementiert DKP-Funktionär Harold Pundsack allerdings heftig. Allerdings: Die Zeit drängt. Schließlich können sieben Leute in einem Kneipenhinterzimmer eine Partei gründen. Und: Wer zuerst kommt, malt zuerst.

K.S.

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