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Flunkerte der Bausenator?

■ Neues Gutachten hält die Genehmigung des Flughafenausbaus nicht für unvermeidbar / Kommentar aus der Bauverwaltung zum Gutachten: „Heiße Luft“ / Streitfrage: Spielt der Schallpegel beim Hallenbau eine Rolle?

Der Ausbau des Flughafens Tegel muß aus rechtlichen Gründen nicht genehmigt werden - obwohl Bausenator Nagel (SPD) bisher unter anderem sogar gegenüber seiner eigenen Fraktion das Gegenteil behauptet hatte - zu diesem Schluß kommt jedenfalls ein Gutachten, daß von der Senatsbauverwaltung in Auftrag gegeben wurde und bis heute unter Verschluß gehalten wird. Demnach stehen der Zulassung der Bauanträge der umstrittenen, sogenannten P2-Überbauung „öffentliche Interessen entgegen, weil der ihnen zuzurechnende Lärmzuwachs ... unzumutbar ist“. Die Gutachter beziehen sich auf die Quartalsberichte der alliierten Noise Monitoring Division, die man getrost als seriöse Quelle einschätzen darf. Die Dauerschallpegel seien in den letzten fünf Jahren um ein bis drei Dezibel gestiegen, die „enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle“ von 67 Dezibel werde bereits jetzt überschritten. Durch den beantragten Ausbau steigt der Schallpegel nach Einschätzung der Gutachter um weitere ein bis zwei Dezibel. Da für die Genehmigung dieser Bauanträge deutsche und alliierte Rechtsvorschriften nebeneinander gelten, seien allerdings neben diesem Gutachten noch weitere Überlegungen erforderlich, erklärte nun Bausenator Nagel auf eine Anfrage des AL-Abgeordneten Michaelis, durch die dieses Gutachten nun überhaupt erst öffentlich wurde.

Der Leiter der Bauaufsicht des Senators, Bühring, erklärte dazu, das Gutachten sei „heiße Luft“. Zwar gebe es tatsächlich ein leichte Steigerung des Fluglärms, die im übrigen geringer sei, als das Gutachten dies behaupte, trotzdem sei der Senat gezwungen, den Ausbau zu genehmigen. „Den Lärm machen ja nicht die Hallen, den machen die Flugzeuge, und die werden nicht von uns, sondern von den Alliierten genehmigt“, sagte Bühring.

Damit dürfte eine neue Runde im Streit um den Ausbau des Flughafens Tegel eingeläutet sein. Während Nagel im Wahlkampf versprach, den Ausbau nicht zu genehmigen - dies ist auch Gegenstand der Koalitionsvereinbarungen - stellt er sich nun auf den Standpunkt, er sei rechtlich gezwungen, den Ausbau zuzulassen. Nicht nur die AL hatte dagegen protestiert, auch in der SPD hatte es vor einer Woche in einer Kampfabstimmung eine Mehrheit gegen den Flughafenausbau gegeben. Die Flughafengesellschaft freilich besteht auf dem Ausbau, da Tegel jetzt schon am Rande seiner Kapazität sei. Der Bausenator hat vorgestern das zuständige Bezirksamt Reinickendorf angewiesen, den Ausbau bis zum 6.April zu genehmigen, sonst werde dies die Senatsbauverwaltung selbst tun. Der Reinickendorfer Baustadtrat Gardain (SPD) hatte vor einem Jahr den Antrag zum Mißfallen der Bauverwaltung abgelehnt.

esch

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