Verschleppte Pleite bei Air Bremen

■ Opposition fühlte sich genötigt, der staatlichen Kapitalerhöhung um 2,8 Mio zuzustimmen

„Stinksauer“ sei er, wetterte Claus Grobecker gestern stilvoll im Bürgerschafts-Ausschuß für Wirtschaftsförderung. Grund für

die schlechte Laune des Finanzsenators war die Veröffentlichung des vertraulichen Papiers über den Bankrott der „Air Bremen“ (vgl. taz vom 2.4.). Nicht etwa, daß der Bericht über den Bilanzverlust in Höhe von 9,3 Mio Mark bei der zur knappen Hälfte senatseigenen Regionalfluggesellschaft unzutreffend sei - was Grobecker so zornig machte, war der Verdacht des CDU-Abgeordneten Klein, der Senat habe das Papier gezielt an die Öffentlichkeit gebracht, um den Wirtschaftsförderungs-Ausschuß zur Bewilligung der beantragten 2,8 Mio Mark staatlicher Kapitalerhöhung für „Air Bremen“ zu nötigen.

Doch öffentliche Nötigung hin oder her - zu vermeiden war die neue Finanzspritze gestern ohnehin nicht mehr. Schließlich war - wie sich auf Nachfrage der Opposition herausstellte - die Air Bremen eigentlich schon im Dezember vergangenen Jahres pleite. Das Weiterfliegen in den zu leeren kleinen Propellerflugzeugen war nur mit neuen Krediten möglich. Daß der Staat dabei sowieso

schon als Bürge eingesprungen ist, mochten die Vertreter des Senats gestern zwar weder bestätigen noch dementieren, doch Zweifel sind daran kaum möglich. „Was sollen wir da noch machen?“, fragte denn auch resigniert FDP-Fraktionschef Jäger und enthielt sich wie sein CDU-Kollege der Stimme. Nur die Grünen, die von Anfang an gegen das Bremer Fluglinien -Experiment waren, stimmten gegen die 2,8 Mio Mark Kapitalspritze für Air Bremen.

So düster wie die nackten Zahlen möchte die Fluggesellschaft selber ihre Lage nicht beschreiben. Die Aufstockung des bisherigen Stammkapitals von 7,2 auf etwa 14 Mio Mark sei „völlig im Plan“, teilte sie gestern mit. Ursache dafür sei nicht etwa mangelnde Auslastung der unattraktiven Verbindung zum neuen Londoner Flughafen Stansted, der bislang noch nichtmal per Bus ans Stadtzentrum angeschlossen ist, sondern die Anschaffung eines dritten Flugzeugs. Schon bei einer Zuwachsrate der Passagiere von jährlich 10 Prozent sei mit der

Kapitalerhöhung der Weg in die schwarzen Zahlen so gut wie sicher. In den letzten drei Wochen sei die Auslastung der Flugzeuge bereits stark gestiegen.

Als „einseitig positive Darstellung“ wertete das CDU -Ausschußmitglied Klein diesen Geschäfts-Bericht. Seriös und bei großen Fluggesellschaften üblich - sei lediglich eine Zuwachsrate von fünf Prozent, und Zweifel am plötzlichen Run auf die Plätze bei Air-Bremen seien wohl erlaubt. Schließlich konnten gestern weder die Firma noch der Wirtschaftssenator konkrete Zahlen für die ersten drei Monate dieses Jahres nennen.

Mit den Stimmen der SPD wurde die neue Staatsbeteiligung bei Air Bremen beschlossen. Für die Zukunft erbaten sich die Genossen frühere Information über Pleiten von Staatsunternehmen. Nur bei Air Bremen selber waren gestern alle zufrieden - trotz Veröffentlichung des Papiers über den eigenen Bankrott. „Ich habe davon erst aus der Zeitung erfahren“, sagte die Prokuristin zur taz.

Dirk Asendorpf