: Aufs Fernsehen sind sie alle heiß
■ Die elektronischen Medien haben es den Parteien in der DDR angetan / Gestörtes Verhältnis zur Presse
Was die zukünftigen Regierungsparteien so treiben, kann man in den Medien verfolgen, was sie mit den Medien so treiben wollen, ist bislang noch nicht absehbar. Die elektronischen Medien haben es den Parteien angetan. Kaum, daß sie etwas zur Presse zu sagen wissen. Aber aufs Fernsehen scheinen alle heiß zu sein. Einig sind sich SPD und CDU über die Bildung von Landesfunkanstalten, die gemeinsam den DFF darstellen sollen. Dieser wäre dann neben ZDF und ARD die dritte deutsche Flimmerkiste.
Die CDU bekennt sich generell zur öffentlich-rechtlichen Grundlage der Funkmedien. Aber nur generell. In Anlehnung an Pläne der Generalintendanz des Fernsehens träumt CDU -Medienexperte Henning Stoerk von einer vierten großen Funkanstalt: EURO-D. Stoerk, der sich schon mehrfach als der neue Generalintendant der Funkmedien ankündigen ließ, kann sich hier eine Beteiligung privater Anbieter (er selbst ist Geschäftsführer der „Medianova“, einer neugegründeten, unabhängigen Fernsehstation) vorstellen, die sich mit jenen Konkurskrümeln des DFF, die nicht in die Regionalisierung eingehen, vereinen. Spätestens hier müßten sich die Liberalen ihrer als LDP gegebenen Wahlaussage erinnern, wonach „vorerst Schutz der elektronischen Medien vor kommerziellem Einfluß„ gewährt werden soll.
Die Haltung der SPD scheint dem liberalen Ansinnen ähnlich. Sie tritt für eine „eigenständige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ ein und für seine politische und ökonomische Unabhängigkeit von der Wirtschaft, was eigentlich einen privaten Kapitaleinstieg ausschließen müßte. Für kommerzielle Anbieter sieht die SPD im funkelektronischen Bereich Raum neben den bestehenden Anstalten. Uneins sind sich die Parteien über die Zusammensetzung der Räte, die die Sender verwalten sollen. Die Liberalen verlangten noch im Dezember (damals als LDPD) direkten Einfluß auf die Programmgestaltung der Sender. Heute wollen sie, wie auch die SPD, von Staat und Parteien unabhängige Medien.
Die Liberalen, der DA und die SPD sind sich einig im Willen nach freiem Zugang aller Bürger, Vereinigungen und Gruppen zu den Medien. Doch nur der DA bekennt sich konsequent zu aufsichtsführenden Medienräten, in denen „alle gesellschaftlich relevanten Gruppen“ vertreten sein sollen. Weder von den guten Wünschen des DA noch von der veränderten Haltung der CDU ist mit dem Allianzprogramm etwas übriggeblieben. Hier findet sich zu den Funkmedien garnichts. Das gestörte Verhältnis der Parteien zur Presse zeigt sich darin, daß sie in programmatischen Aussagen kaum Erwähnung findet.
Die SPD will mit einer dezentralisierten Vielfalt von Medien „einen direkteren Zugang der Bürgerinnen und Bürger zur Öffentlichkeit“ ermöglicht wissen. Der Staat sei verpflichtet, diese Medienvielfalt zu schützen und auf die Berücksichtigung der Medieninteressen von Minderheiten hinzuwirken. In diesem Sinne scheinen schon jetzt ökonomische Schutzmaßnahmen des Staates gegen den Druck der großen Westverlage notwendig. Aber angesichts der allenthalben anzutreffenden Sorglosigkeit bei sogenannten und tatsächlichen Medienexperten, sind Entscheidungen kurzfristig kaum zu erwarten.
Gar nicht zu erwarten sind sie von der CDU. Sie wird die Presse dem Markt ausliefern: Für „Medien, die von den Parteien, Organisationen oder von Gesellschaften privaten Rechts betrieben werden, ist der Markt die Form der gesellschaftlichen Kontrolle.“
Claus Frank
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