Ungarn - Springerland?

Noch stehen 19 Zeitungen unter Parteiverwaltung  ■  Mit dem SÜDOSTEXPRESS auf du und du

Budapest (taz) - Der bundesdeutsche Springer-Konzern hat den ersten Schritt zu einer der größten Medien-Transaktionen Osteuropas vollzogen: Über die Axel Springer Budapest AG wurde er Besitzer von vorerst vier ungarischen regionalen „Komitats„-Zeitungen.

Ein fünfter Ankauf samt Übernahme der gesamten Redaktion steht unmittelbar bevor, über die übrigen 14 wird noch verhandelt. Alle 19 Blätter sind noch bis zum Zusammentreten des am Sonntag zu wählenden Mehrparteienparlaments der bisherigen Regierungspartei USP zur Verwaltung überlassen.

Sowohl der Ungarische Jurnalistenverband als auch der „Glasnost-Klub“ und einige Oppositionsparteien haben sofort heftige Kritik am Verkauf der formell in Staatsbesitz befindlichen Tageszeitungen geübt: Die USP habe diese nicht gegründet, also auch kein Verfügungsrecht. Die Regierung wird aufgefordert, ein „sofortiges Moratorium für das Hinüberretten kommunistischen Eigentums“ zu verfügen. Parallel zum Springer-Deal hat das USP-Präsidium die Übergabe von vier Medienerzeugnissen - der Abendzeitung 'Esti Hirlap‘, des Sonntagsblattes 'Vasarnapi Hirek‘, der Wirtschaftszeitschrift 'Figyelö‘ und des Wochenmagasin 'Magyarorszag‘ - an eine Ein-Personen-Aktiengesellschaft verfügt.

Firmenpräsident wurde der Chef des einstigen kommunistischen Jugendverbands, Imre Nagy. Er soll „Auslandskapital zur Modernisierung hereinnehmen“.

Oppositionsparteien finden diese Angelegenheit besonders verwerflich, weil als Ergebnis der Volksabstimmung vom November 1989 die USP das ihr zur Nutzung übertragene Eigentum hätte dem Staat zurückgeben müssen. Mit der „Privatisierung“ wird sich das künftige Parlament beschäftigen. Der britische Mediengigant Maxwell ist seit längerem an der ehemaligen Regierungszeitung 'Magyar Hirlap‘ beteiligt; sein Rivale Murdoch investiert in den Verlag „Reform“, Springer ist bereits mit einer ungarischen Schwester von 'Auto-Bild‘ präsent.

Tobor Fenyi