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„Republikaner“ im Osten von innen

Der Journalist Michael Schomers erforschte sieben Monate lang BRD- und DDR-„Republikaner“ von innen Seine Einschätzung: In der DDR haben sie in näherer Zukunft mehr Chancen als in der Bundesrepublik  ■  Aus Bonn Barbara Geier

Die Forderung der Partei der „Republikaner“, „unsere mittel und ostdeutschen Gebiete“ heim ins Reich zu holen, ist mittlerweile ja fast schon von der Realität eingeholt worden. Daß die Rechten allerdings, wenn bislang auch nur insgeheim, darüber hinaus ihr Auge auf Österreich, Südtirol, Ostpreußen, Schlesien, Sudetenland, Elsaß-Lothringen sowie auf Teile von Dänemark und Belgien geworfen haben, belegt das gestern der Öffentlichkeit vorgestellte Buch des Kölner Journalisten Michael Schomers Deutschland ganz rechts (Verlag Kiepenheuer & Witsch). An der Realisierung des Traums vom „Großdeutschen Reich in den Grenzen deutscher Kultur und Sprache“ wird in den Reihen der Rechten jedenfalls hart gearbeitet, und besondere Unterstützung erhoffen sich die „Republikaner“ von ihrer DDR -Anhängerschaft, deren Zahl jedoch nicht einmal ihre Parteizentrale kennt.

Mit dem neu zugelegten Vornamen Theo lernte Michael Schomers sieben Monate lang die „Republikaner“ von innen kennen - als Wahlhelfer, Parteitagsdelegierter, Ratsausschußmitglied in Köln und DDR-Kontaktmann. Er hatte das „Glück“, daß seine Mitgliedschaft genau mit den dramatischen deutsch-deutschen Ereignissen seit Ende 1989 zusammenfiel. Fünfzehnmal durfte er für die Partei in die DDR reisen und häufig gemeinsam mit dem „DDR-Beauftragten“, dem Münchner Reinhard Rade, bei den Brüdern und Schwestern für die Rechten werben. Natürlich machten sich die „Republikaner“ Gedanken darüber, wie sich die Ost -Sympathisanten nach dem Kandidaturverbot ihrer Partei verhalten sollten. Partei-Vorsitzender Schönhuber, nach außen ganz Legalist, soll im Bundesvorstand die Losung ausgegeben haben: „Die Leute sollen die Stimmzettel durchstreichen und Republikaner draufschreiben.“

Auch alle anderen internen Anweisungen, Flugblätter und auch die im übrigen recht kleinliche finanzielle Unterstützung für den Aufbau der Ost-„Republikaner“ kommen, so Schomers, aus München. Der Programmentwurf für die Wahlen zur Volkskammer wurde von den Westberliner Reps erarbeitet, und im Schöneberger Rathaus von West-Berlin fand am 9. Februar auch die Gründungsversammlung des Landesverbandes Brandenburg der DDR-„Republikaner“ statt.

Gezielt setzt Schönhuber auf die politische Naivität und Unerfahrenheit der überwiegend sehr jungen Anhänger seiner Partei in der DDR und darauf, daß „unsere Chancen dort am größten sind, wo die Menschen den Erzfeind der Menschheit kennengelernt haben, nämlich den Kommunismus“. Für viele DDR -Bürger, so die Erfahrung Michael Schomers, seien die „Republikaner“ deshalb besonders interessant, weil sie die extremste Gegenkraft zur verhaßten SED beziehungsweise PDS darstellen.

„Die politischen Erfolgschancen der Republikaner scheinen in näherer Zukunft in der DDR sogar größer zu sein als in der BRD.“ Eine Einschätzung, die Günter Wallraff im Vorwort zum Buch aus seiner Sicht bestätigt. Das rechtsradikale Potential in der DDR sei überhaupt erst dadurch entstanden, daß „über Jahrzehnte Antifaschismus in der Erziehung, in der gesamten Gesellschaft viel zu sehr als Pflichtübung betrieben wurde, während faktisch Blockwart- und Spießermentalität wucherten“. Interessant übrigens die kleine Anmerkung Wallraffs, daß sich die westdeutschen „Republikaner“ als Saalordner bei Kohls DDR-Auftritten einsetzen ließen.

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