Fujimori Fujimori

■ Der Wahlsieg Vargas Llosas in Peru ist nicht mehr sicher

Die Autoren der peruanischen Verfassung, die 1979 festlegten, daß der Präsident mit absoluter Mehrheit gewählt werden muß, werden sich in diesen Tagen vor Ärger ins Bein beißen. Was damals gegen Ende der Militärdiktatur starke demokratische Regierungen hervorbringen sollte, erweist sich nun als Bumerang für die alten Parteien, die sich nie träumen ließen, daß einmal wegen einer unabhängigen Wählerliste mit einem unbekannten Newcomer an der Spitze eine Stichwahl notwendig würde.

Mit 3.000 Unterschriften in der Hand kann man in Peru für das höchste Staatsamt kandidieren. Und Alberto Fujimori Fujimori hat gezeigt, daß man in drei Wochen fast Präsident werden kann - wenn die Gegner sich nur dumm genug anstellen. Die Wähler haben die Chance genutzt, den Parteidemokraten eins überzubraten. Ob das ruinierte Land davon profitieren wird, wird man später sehen.

Der größte Verlierer dieses Spektakels sind ohne Zweifel Mario Vargas Llosa und die Rechtsfront Fredemo. Sie wollten mit einer in der Geschichte des Landes einmaligen millionenschweren Kampagne die absolute Mehrheit für ein Manchester-liberales Sanierungsprogramm der Wirtschaft erobern und haben genau das Gegenteil erreicht: Die Angst der Wähler vor der Schockpolitik und der Macht des Kapitals, der Ekel vor dem protzig zur Schau gestellten Reichtum und den Geschwadern gemieteter Flugzeuge und Mercedeskarrossen wuchs mit jedem Werbespot und jeder Wahlveranstaltung.

Die Person Vargas Llosas wurde zwar von vielen als intellektuelle Autorität und frei von Korruption anerkannt. Aber je länger der Wahlkampf dauerte, um so mehr erschien Vargas zu glatt, zu europäisch, zu arrogant, um absolute Mehrheiten zu erringen. Nicht ungestraft hat er dem Land versprochen, er wolle es „in die Zivilisation führen“.

Die Linke hat bei diesem Urnengang bekommen, was sie verdient hat: Das Absinken ihres Stimmenanteils von über 30 Prozent Ende der achtziger Jahre auf jetzt rund zehn Prozent ist der Preis der Spaltung im letzten Jahr, aus der zwei Kandidaturen für die Präsidentschaft hervorgingen. Nie haben die Volksorganisationen verstanden, warum ausgerechnet jetzt in den Exekutivkomitees der zahlreichen Links-Parteien so erbittert um den „richtigen“ Weg zu Sozialismus und Revolution gestritten wurde.

Das vernichtende Votum für eine der stärksten Linken Lateinamerikas ist ein Votum gegen historisch überholten Dogmatismus und Sektierertum der übelsten Sorte. Beide Links -Fraktionen gehen als Verlierer nach Hause. Dort werden sie wohl oder übel darüber nachdenken, ob sie, die sie stets die absolut unüberbrückbaren Gegensätze miteinander und mit allen anderen Parteien betont haben, nun nicht doch einen Fujimori unterstützen müssen, um einen Präsidenten Vargas Llosa zu verhindern.

Auch die APRA hat die ihr zustehende Quittung für Günstlings- und Mißwirtschaft bekommen und kommentarlos eingesteckt. Ihr relativ gutes Ergebnis in Senat und Abgeordnetenhaus bewahrt vor Panikstimmung. Bleibt Fujimori, der lachende Zweite, der von dem Vertrauensschwund in die traditionellen Politiker jedweder Couleur nach oben gespült wurde und nun sehen muß, was er mit der unerwarteten Popularität anfängt. Auf jeden Fall abwarten, lächeln und Angebote einsammeln. Die Politiker, die in den nächsten Tagen hinter den Kulissen mit ihm verhandeln müssen, sind nicht zu beneiden.

Nina Boschmann