Kartell der Hallen?

■ Rainer Vögele, Geschäftsführer der Stuttgarter Messe GmbH, wünscht, daß Sportveranstalter mehr berappen

Stuttgart (taz) - Deutschlands selbsternannte (un)heimliche Sporthauptstadt Stuttgart bald ohne Top-Veranstaltungen? Keine Tennis- oder Reitturniere mehr? Kein Internationaler Kunstturnpokal? Die Vision könnte Realität werden, wenn Dr. Rainer Vögele, Geschäftsführer der Stuttgarter Messe GmbH und Chef über die Schleyer-Halle, seine Idee in die Tat umsetzt: Vögele will die Schleyer-Halle künftig für die Veranstalter, auch aus dem Sportbereich, teurer machen.

„Ich sehe nicht ein“, sagt Vögele, „daß der Steuerzahler im Falle der Schleyer-Halle 67 Millionen Mark bezahlen muß, die Benutzer der Halle aber für die Finanzierung und Abschreibung dieses Geldes nichts hinblättern müssen.“ Hinter Vögeles Vorstoß steckt ein Ziel: mit den Mehreinnahmen will er die Schleyer-Halle2 realisieren, die bis zur Leichtathletik-WM 1995 stehen soll. Geschätzte Baukosten: 250 Millionen Mark. Vögele: „Ein Teil dieser Investitionen könnte mit meiner Idee auf dem freien Markt verdient werden.“

Doch diese Idee stößt bei den Veranstaltern auf harsche Kritik: „Wir diskutieren gerade, wie wir billiger werden können anstatt teurer“, ereifert sich stellvertretend Heiner Frölich (50), Finanzexperte beim Schwäbischen Turner Bund (STB), der alljährlich den „Internationalen DTB-Pokal“ in der Schleyer-Halle ausrichtet. Für den DTB-Pokal führt der STB rund 180.000 DM Hallenmiete an die Messe GmbH ab, ist damit laut Frölich „an die Obergrenze“ gelangt. „Wenn wir mehr abführen müßten“, fährt er fort, „müßten wir entweder versuchen, dies über erhöhte Eintrittsgelder abzufangen, oder aber gar ein Fragezeichen hinter unsere Veranstaltung machen.“

Der Stadt Stuttgart, glaubt Frölich, drohe der sportliche Ausverkauf, sollte sich Vögele durchsetzen. „München beispielsweise ist ganz scharf auf unseren DTB-Pokal. Es wollte das Turnier schon 1989 an die Isar holen.“ Für das ATP-Tennisturnier „Stuttgart Classics“ liegt bereits ein Angebot aus Berlin vor.

Damit genau dieser Fall - daß die Veranstalter künftig einen großen Bogen um Stuttgart machen - nicht eintritt, denkt Vögele an den Aufbau einer sogenannten „Südschiene“ München-Stuttgart-Frankfurt. Ausdehnung auf die Bundesrepublik nicht ausgeschlossen. Das Ziel: alle drei Städte sollen künftig einheitliche Mietpreise verlangen. Vögele: „Die großen Hallen müssen ihren harten Konkurrenzkampf um Spitzenveranstaltungen aufgeben und statt dessen enger zusammenarbeiten.“

Probleme bei der Verwirklichung dieser Idee sieht Vögele keine - „höchstens mit dem Kartellamt, wegen eventueller Preisabsprachen“, lacht er.

Thomas Schreyer