'Öko-Test‘ feuert eigenen Herausgeber

Das Umweltmagazin suspendiert Herausgeber Räuschel-Schulte vom Dienst / Er wollte seine 'Ökologischen Briefe‘ sanieren lassen  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Der Gründer und bisherige Herausgeber des Verbrauchermagazins 'Öko-Test‘, Jürgen Räuschel-Schulte (50), wurde vor dem Osterfest vom Redaktionskollektiv in Frankfurt demonstrativ vor die Tür gesetzt. Hintergrund der „Suspendierung vom Dienst“, so 'Öko-Test'-Geschäftsführer Günter Berger, war eine „Bettelaktion“ von Räuschel-Schulte bei den Gesellschaftern von 'Öko-Test‘, mit der der Geschaßte seine finanziell abnippelnden 'Ökologischen Briefe‘ sanieren wollte.

Genau das hatten die Öko-Testler ihrem Ex-Herausgeber aber untersagt, denn die Spender für das Verbrauchermagazin sollten nicht für ein anderes Unternehmen erneut zur Kasse gebeten werden. Berger: „Die Mehrzahl der Mitarbeiter hielt die Finanzierungslücke für zu groß und das Risiko für unsere Gesellschafter für unabwägbar.“

Bei den MitarbeiterInnen der 'Ökologischen Briefe‘, von Räuschel-Schulte vor knapp einem Jahr als Informationsbriefe für Kommunalpolitiker, Unternehmer und andere Interessierte unter großem Presserummel auf den Markt gebracht, kracht es seit Monaten. Die vom Boß prognostizierte Auflage wurde nicht annähernd erreicht. Auf Konzepte für die Gesundschrumpfung des Projektes reagierte der Verleger mit Rausschmiß einer Redakteurin. Räuschel-Schulte hält 51 Prozent der Gesellschaftanteile der 'Ökologischen Briefe‘.

Das „Unvermögen“ von Räuschel-Schulte, auf Entwicklungen angemessen zu reagieren, habe den Mann bereits bei 'Öko -Test‘ auf das „Abstellgleis“ laufen lassen, meint Geschäftsführer Berger. Seine Herausgeberrolle bei dem Magazin, das nach fünf Jahren aus den roten Zahlen herausgekommen ist, sei in den letzten zwei Jahren ohnehin nur noch eine symbolische gewesen. Räuschel-Schulte sei nur noch sporadisch in der Redaktion aufgetaucht und habe sich ab Ende 88 ausschließlich um sein Lieblingsprojekt 'Ökologische Briefe‘ gekümmert. Und da habe Räuschel-Schulte „klotzen statt kleckern“ wollen. Das habe beim Chefredakteursgehalt von 7.200 DM angefangen und bei den „einsamen und falschen Entscheidungen des Meisters“ aufgehört. Berger: „Die sind halt kein Kollektiv, sondern ein hierarchisch strukturierter Betrieb.“

Die MitarbeiterInnen der 'Ökologischen Briefe‘ sehen das naturgemäß anders. Redakteurin Westermann teilt den Optimismus ihres Verlegers, wonach es die 'Ökologischen Briefe‘ „bis Weihnachten“ geschafft haben könnten, den „break-even-point“ zu erreichen, wenn die Liquiditätslücke überbrückt werden kann. Zur Zeit gingen pro Woche etwa 50 Abos ein.

In seinem „Bettelbrief“ an die GesellschafterInnen von 'Öko -Test‘, an deren Adressen die Redaktion der 'Ökologischen Briefe‘ angeblich „über das Telefonbuch“ gekommen sein will, führt Räuschel-Schulte aus, daß die Abo-Einnahmen den gegenwärtigen Finanzbedarf nicht decken würden: „Wir brauchen unbedingt größere Kapitalzuflüsse, damit die 'Briefe‘ durchkommen.“ Inzwischen wurden die Gehälter auf das Maximum von 4.500 DM reduziert. Und auf das 13. Monatsgehalt verzichteten die MitarbeiterInnen „freiwillig“.