: Völlig falsche Konsequenz
Feministische Positionen werden noch mehr ins Abseits gedrängt werden ■ K O M M E N T A R
Die Diskussion um die Abschaffung der Frauenseite, initiiert von meinen Kolleginnen, lief bereits, bevor ich (wieder) bei der taz anfing. Ich war von Anfang an gegen diesen Schritt. Die meisten tazlerInnen, die sich an der Diskussion um die Abschaffung der Frauenseite beteiligten und schließlich darüber beschlossen, ließen sich aber von den guten Argumenten der damaligen Frauenredakteurinnen überzeugen. Manche freuten sich offen darüber, daß wir endlich unseren „Schrebergarten“ aufgeben wollten, um als Freie und Gleiche am edlen Konkurrenzkampf um Plazierung und Umfang im Blatt teilzunehmen. Nach dem Motto: Das kann euren Texten nur bekommen. Andere spekulierten schon auf die Seiten, die in Zukunft für andere (wichtigere?) Themen frei würden. Viele Kolleginnen hingegen, gerade auch außerhalb der taz, rieten uns ab, schüttelten den Kopf ob soviel Unverstands, respektierten schließlich aber die Entscheidung von Helga Lukoschat und Gunhild Schöller.
Letztere hat inzwischen das Handtuch geworfen, ist aus der Zeitung ausgestiegen. Sie wird also die Konsequenzen ihrer Initiative nicht mehr tragen müssen. Zwar kann ich ihre Erfahrungen als Frauenredakteurin in der taz bestens nachvollziehen, da sie im Großen und Ganzen auch meine sind. Auch kann ich das, was Helga Lukoschat über die Stellung und Bedeutung unserer Berichterstattung und unseres Ressorts formuliert, weitgehend unterschreiben. Nur: Die Konsequenz aus diesem Frust, nämlich die Aufgabe unserer festen Seiten, ist völlig falsch. Sie ist widersinnig, denn damit wird unsere Berichterstattung noch mehr ins Abseits gedrängt werden.
Je länger ich in der Frauenredaktion arbeite, je besser ich die Kriterien durchschaue, nach denen sich in der Zeitung Macht und Lobbys bilden und Themen durchsetzen, desto deutlicher wird mir, daß sich die strukturellen Schwierigkeiten unseres Ressorts (siehe Aufsatz von Gunhild Schöller) nicht dadurch beheben lassen, daß wir unsere bescheidene Autonomie, 2-3 Seiten pro Woche, freiwillig aufgeben. Ich halte es für Illusion, daß sich dieses Projekt, in dem die vor Jahren erstrittene Quotenregelung auch heute noch hinterfragt wird und immer wieder verteidigt werden muß, daß sich dieser „Männerbund mit Frauenquote“ durch einen solchen Beschluß stärker in die feministische Pflicht nehmen läßt.
Denn die Zeichen der Zeit stehen ungünstig für Feministinnen. Angesagt ist die große Weltpolitik, die Neuordnung der Macht. In den aktuellen „Revolutionen“ kommen Frauen höchstens als Fußvolk vor. Diejenigen, die oben mitmachen dürfen, spielen nach den männlichen Regeln. So platt, so wahr. Zu dieser „Frauenproblematik“ haben wir in den vergangenen Monaten, bedingt auch durch die neue deutsche Welle, Seite um Seite gefüllt. Die taz steht aber nun einmal nicht über oder neben der Historie - sondern steckt mittendrin. Wer die Zeitung aufschlägt, sieht ja selbst, wohin der Trend geht. Sicherlich nicht in Richtung feministische Berichterstattung, obwohl sich die Zeitung noch gern - nach außen hin - mit diesem Etikett schmückt.
Ulrike Helwerth
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