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Parteiaustritte - Die SPD-Basis in der DDR ist sauer

Etwa 10 Prozent der Mitglieder der SPD sind seit der Wahl ausgetreten / Protest wegen Regierungsbeteiligung mit der DSU kommt vor allem aus dem Süden der Republik / Jusos der DDR kritisieren den Koalitionsvertrag und lehnen eine Regierungsbeteiligung „grundsätzlich“ ab  ■  Von Brigitte Fehrle

Etwa 5.000 bis 6.000 SPD-Mitglieder haben ihrer Partei in den letzten Wochen den Rücken gekehrt. Das ergab eine Umfrage, die das Präsidium der Sozialdemokraten durchgeführt hat. Dabei kam auch zutage, daß die SPD der DDR nicht, wie immer behauptet, 100.000, sondern nur 40.000 Mitglieder hat. Das berichteten mehrere Mitglieder des Landesvorstandes der SPD. Markus Meckel, amtierender Parteivorsitzender, hatte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Ost-Berlin behauptet, es gebe keine Zahlen über Mitgliedschaft und Austritte.

Die Mehrzahl der Parteiaustritte erfolgte aus Protest gegen die Regierungsbeteiligung der Partei. Vor allem die Tatsache, daß die Deutsche Soziale Union (DSU) mit in der Regierung sitzt, ist für die Basis schwer zu verkraften.

Inzwischen haben auch die Jusos in der DDR die Koalitionsvereinbarung heftig kritisiert. Vor allem die Vereinigung der beiden deutschen Staaten nach Artikel 23 des Grundgesetzes, wie er in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben ist, sei „nicht akzeptabel“, meinten die Jusos in einem Schreiben an den Vorstand. Viele Mitglieder seien „grundsätzlich“ gegen die Koalition. Ein DSU -Innenminister sei „nicht tragbar“, der stellvertretende Ministerpräsident gehöre der zweitstärksten Fraktion, heißt es in dem Protestbrief.

Auch im Berliner Bezirksvorstand grummelt es. „Die DSU ist eine Kröte, die die Basis nicht schlucken will“, erklärte gestern das Berliner Bezirksvorstandsmitglied Richter gegenüber der taz. Sowohl der Parteirat als auch der Vorstand in Berlin hat sich gegen die Koalition ausgesprochen. An der Basis sei die Ablehnung „so 50 zu 50“ schätzt Richter. Kritisiert wurde von den Gremien neben der Tatsache, daß mit der bayerischen Schwesterpartei nicht zu regieren sei, die Tatsache, daß die SPD der DSU den Posten des stellvertretenden Ministerpräsidenten und den des Innenministers überlassen habe. Austritte habe es in Berlin nur wenige gegeben, meinte Richter. Die Basis sei durch die Koalitionsvereinbarung, in der sie wichtige sozialdemokratische Positionen festgeschrieben sieht „versöhnt“.

Ganz anders im Süden der Republik. Dort knirscht es gewaltig. Schon kurz nach der Wahl hatten einzelne Ortsverbände gedroht, sich aufzulösen, wenn ihre Partei in eine große Koalition mit der DSU einwilligt. Dazu ist es zwar jetzt nicht gekommen, Austritte allerdings gibt es viele. Allein im Kreis Jena haben von knapp 200 Mitgliedern mehr als 20 die Partei verlassen. Auf einer Versammlung Anfang der Woche mußten sich denn auch die aus Berlin angereisten Abgeordneten die Leviten lesen lassen.

Die Basis fühlt sich verraten. Denn die Berliner Führung hat ihre vor der Wahl getroffene eindeutige Aussage: Keine Koalition mit der DSU, gebrochen. In Jena gingen einzelne Mitglieder sogar so weit, ihre Abgeordneten zum Rücktritt aufzufordern. „Wir hatten große Mühe, das Positive der Koalitionsvereinbarung zu erklären“, meinte die Jenenserin Christine Rudolf, Mitglied im Landesvorstand der Partei. Sie hat allerdings Verständnis für den Unmut der Basis. „Denen sitzt der Wahlkampf noch in den Knochen.“

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