: Der schwarze Innenminister stärkt die Polizei
DDR-Innenminister Diestel möchte Stasi-Akten in den Reißwolf / Identitätskrise der Polizei „beendet“ / Reps sollen verboten bleiben ■ Aus Ost-Berlin Brigitte Fehrle
„Bei der Bewältigung der Identitätskrise der Volkspolizei“, meinte gestern der neue Innenminister der DDR, „sind wir durch den schwarzen Innenminister einen guten Schritt weitergekommen.“ Der Satz ist Programm.
Bei seiner ersten internationalen Pressekonferenz in Ost -Berlin erläuterte Peter Michael Diestel, Innenminister, stellvertretender Ministerpräsident und last not least Generalsekretär der CSU-Schwesterpartei DSU, seine Vorstellungen zur inneren Sicherheit. Er sage denen „den Kampf an“, meinte Diestel, die sich nicht an die Regeln des demokratischen Zusammenlebens hielten. Dazu, das war für ihn ganz einfach und selbstverständlich, gehören auch die Hausbesetzer. Die dürften sich nicht an den Schlangen der Wohnungssuchenden vorbeimogeln, lautet des Innenministers Argument. Außerdem, so meinte er weiter, werde er das Recht der Hausbesitzer schützen.
Die Hauptaufgabe der Polizei sieht Diestel in der Verhinderung „links- und rechtsextremistischer Störungen“, die durch die Öffnung der Grenze zugenommen hätten. Außerdem will Diestel den „Berufsstolz“ der Polizisten wieder da hinrücken, wo er hingehöre. Es sei ihm klar, meinte er, daß in der Vergangenheit die Polizisten oft für „nicht schutzwürdige Zwecke“ eingesetzt gewesen seien. Bezogen auf vergangene und zukünftige Demonstrationen im Land sagte er, man werde sich im Sinne der Rechtsangleichung an bundesdeutschen Gesetzen orientieren. Dazu gehöre auch, „daß sich nicht jeder, wann er will und wo er will, versammeln kann“.
Ganz klare Vorstellungen hat Diestel auch, wenn es um die Arbeit der Bürgerkomitees zur Auflösung der Staatssicherheit geht. Eine „Entmachtung“ der Bürgerkomitees werde es auf keinen Fall geben, sie sollten auch weiterhin an der Bewältigung der Vergangenheit mitwirken, allerdings nur in „beratender Funktion“. Entscheidungen dürften sie nicht mehr treffen. Wenn es nach Diestel geht, sollten die Akten der ehemaligen Staatssicherheit vernichtet werden. Dafür habe er eine „gewisse Sympathie“. Zu den Aktivitäten der „Republikaner“ in der DDR meinte Diestel, er gehe davon aus, daß sie verboten seien, und werde daran auch „nicht rütteln“.
Innenminister Diestel will als „ausländerfreundlicher Minister“ in die Geschichte der DDR eingehen. Ausländerpolitik, so meinte er gestern, sei für ihn ein „wesentlicher Aspekt“ der Innenpolitik.
Mit dem Abriß der Mauer in Berlin hat es Diestel nicht so eilig. Das sei auch ein ökonomisches Problem, meint er, schließlich koste das viel Geld. Die bislang immer bevorzugte Landeshaupstadt Berlin solle „nicht als erstes“ von der Grenze befreit werden. Auch die Grenze als Zollgrenze soll noch ein bißchen bleiben. „Unsere Bauern“, sagt der Leipziger, „haben ein berechtigtes Interesse an Schutzmaßnahmen.“
Den Bonner Staatsvertrag kannte der stellvertretende Ministerpräsident bis gestern nicht. Es sei zwischen ihm und Ministerpräsident de Maiziere klar, daß es eine pure Übernahme von Forderungen geben könne. Doch da macht sich Diestel auch keine Sorgen: „Lothar de Maiziere ist ein terrierhafter Verhandlungspartner.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen