„Homogenere Gesellschaft“

■ Sieben Lesben aus der DDR zu Gast bei belladonna

Ins „Haus des Sports“ waren die belladonna-Frauen vorbeugend umgezogen, um dem erwarteten Ansturm von Neugier und Interesse gegenüber sieben Lesben aus der DDR gewachsen zu sein. Und tatsächlich: Rund siebzig Frauen waren am Montag abend gekommen, um zu hören, wie Lesben in der DDR leben. Die saßen vor den Zuschauerinnen-Reihen auf Tischen, baumelten mit den Beinen und plauderten mit Humor und Temperament kritisch über Erfahrungen und Hoffnungen.

Eins war überdeutlich: Die Lesbenbewegung, die Frauenbewegung, die Gleichberechtigung, das spezielle Anderssein rückt für diese Frauen angesichts des politischen Umbruchs derzeit in den Hintergrund. Fast alle waren und sind engagiert im Neuen Forum, Demokratie jetzt und unabhängigem Frauenverband. Trotz des Mangels an optimistischen Perspektiven ist von Resignation angesichts der männerdominierten, atemlosen Wendepolitik nichts zu spüren. Größere Freiheiten, sich als Lesben zu organisieren, werden allemal für sie abfallen.

Aber der Freudentaumel des vergangenen Herbstes ist umgeschlagen in die Furcht vor der Okkupation. Christina, 37, Physikerin: „Die Leute haben wenig Übung in Selbstverantwortung und Eigenständigkeit. So läßt sich das neue Anlehnen an Autorität erklären: Helmut, nimm uns an die Hand. Ich verstehe nicht, wie

Leute sich so abwerten können.“

Die Fragen aus den Zuhörerinnen-Reihen zu der speziellen Situation der Lesben führen immer wieder in die allgemeine Politik. So beispielsweise zu den Problemen der Lesben in der anderen Gesellschaft. In den achtziger Jahren hatten sich Homosexuellen-Gruppen in den Kirchen organisiert Schwule und Lesben gemeinsam. Gleichzeitig förderte die Wissenschaft die Akzeptanz der Homosexualität. Christina: „Und weil die „Oberen“ wissenschaftsgläubig waren, verordneten sie die Toleranz nach unten. Das wußte dann der letzte Vopo an der Grenze, daß Homosexuellen Literatur durchzulassen war.“

Insgesamt befürchten die Frauen, daß der Haß und die Ablehnung gegenüber sozialen Minderheiten größer wird. „Die Gesellschaft war relativ homogen“, sagt Christina, „das wird jetzt anders. Die West-Medien überschwemmen uns.“

Vielleicht ist was dran an der homogeneren Gesellschaft. Christina: „Ein grüner Parteifreund hat mich und einen Bekannten in Hamburg von Flughafen abgeholt. Der hat einfach über meinen Kopf hinweggeredet. Ich war Luft für den. Diese Art von Sexismus habe ich noch nicht erlebt.“

Sylvia: „Ich frage mich oft, warum schwappt nichts rüber in die andere Richtung - warum gibt's keine Montagsdemo bei euch?“ Beate Ram