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Haussmann weich vor Treibhauseffekt

■ Der Wirtschaftsminister will „Umweltschutz nicht zum absoluten Ziel erheben“ / Klimasteuer soll Preisvorteil der Atomenergie gegenüber Kohle und Öl sichern / Bundesdeutscher Vorstoß bei Weltwirtschaftsgipfel im Juli

Berlin (taz) - Bundeswirtschaftsminister Haussmann profiliert sich beim Klimaschutz als gelehriger Schüler des US-Präsidenten George Bush - der hatte kürzlich bei einer internationalen Klimakonferenz in Washington wirksame Maßnahmen zur CO2-Reduktion torpediert. Der 'Welt‘ verriet der Wirtschaftsminister jetzt in nahezu wortgleichen Formulierungen, man dürfe den „Umweltschutz nicht zum absoluten Ziel“ erheben. Haussmann weiter: „Niemand, der die Auswirkungen beispielsweise auf die Sicherheit der Energieversorgung, die Beschäftigung, die internationale Wettbewerbsfähigkeit oder die Preisstabilität mitbeachten muß, kann eine solche Politik verantworten.“ Haussmann sprach sich gegen „die Festlegung einer fixen CO2 -Reduktionsquote für ein bestimmtes Jahr als Zielgröße“ aus, wie sie etwa Umweltminister Töpfer vorschwebt. Statt dessen könne eine vereinbarte Größenordnung „nur als gemeinsame Zielrichtung“ für vergleichbare Anstrengungen der Länder sinnvoll sein.

Haussmann plädiert für eine „Klimaschutzsteuer“, die „verursachergerecht“ und „international abgestimmt“ sein müsse. Damit soll es zu einem Preissignal kommen, das auf eine „stärkere Nutzung CO2-armer und CO2-freier Energien“ hinauslaufe. Gemeint ist die Förderung der Atomenergie insbesondere zu Lasten von Kohle und Öl. Haussmann weiter: Die Atomenergie müsse auch weiterhin einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Entlastung leisten. Dies zu sagen, gehöre zur „Redlichkeit der Politik“. Der Anteil der Atomenergie liegt derzeit weltweit bei 4 bis 5 Prozent.

Beim Weltwirtschaftsgipfel in Houston soll Bundeskanzler Kohl Anfang Juli ein Positionspapier zur „Verringerung des CO2-Ausstoßes vorlegen. Einen entsprechenden Auftrag erteilte das Kanzleramt jetzt Umweltminister Töpfer. Der hatte bisher im Gegensatz zu Haussmann eine Reduzierung um 25 Prozent bis 2005 vorgeschlagen, die Klima-Enquete -Kommission des Bundestages verlangt 30 Prozent. Viele Wissenschaftler halten auch diese Zielvorgabe für nicht ausreichend, um zu einer wirklichen Verlangsamung des Treibhauseffekts zu kommen.

gero

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