: BRD-Minister sind skeptisch
■ Die Wirtschaftsminister der BRD-Länder befürchten eine neue Übersiedlungswelle aus der DDR
Bonn (dpa/taz) - Die Wirtschaftsminister der Bundesländer sind der Ansicht, daß die Vorbereitungen zur Stabilisierung der DDR-Wirtschaft nach dem 2. Juli noch nicht intensiv genug vorangetrieben worden sind. „Das könnte zu einer Wanderungsbewegung führen“, erklärte der derzeitige Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz, Reimut Jochimsen (SPD) aus Nordrhein-Westfalen am Donnerstag nach einem Treffen der Länderminister mit Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann (FDP) in Bonn.
Die Wirtschaftsminister forderten, künftig besser und schneller informiert zu werden, damit sie vor Entscheidungen auch noch mitreden können. So hat die Bundesregierung nach ihrer Ansicht die Zusage bislang nicht eingehalten, die Länder über die Verhandlungen mit der DDR rechtzeitig zu unterrichten und ihre Interressen zu berücksichtigen.
Die Informationspolitik der Bundesregierung sei von „Säumigkeit und Unentschlossenheit geprägt“. Die Länderminister forderten auch zwei Vertreter in der deutsch
deutschen Regierungskommission, die im Staatsvertrag vorgesehen ist. Diese Kommission werde praktisch eine „gesamtdeutsche Wirtschafts- und Sozialregierung“, sagte Jochimsen. Die Machtbalance zwischen Bund und Ländern dürfe dadurch nicht einseitig zu Lasten der Länder verschoben werden.
Mittel- und langfristig sehen die Wirtschaftsminister durch die Wirtschafts- und Währungsunion „enorme Chancen für Wachstum und Beschäftigung“. Es fehlten jedoch noch kurzfristige Konzepte gegen die Arbeitslosigkeit. Auf jeden Fall müsse die strukturpolitische Handlungsfähigkeit der Länder erhalten bleiben. Regionalförderung sei nicht nur für die DDR wichtig, sondern auch für alle anderen Länder, etwa für Rheinland-Pfalz, wenn dort amerikanische Truppen abgezogen würden.
Jochimsen warnte auch davor, die Kosten der deutschen Einheit zu unterschätzen. Es sei gefährlich zu sagen, die Finanzierung könne allein durch Umschichtungen im Bundeshaushalt und über die Länderhaushalte erfolgen. Wichtig sei insbesondere, daß die geplanten DDR-Länder finanziell so ausgestattet werden, daß sie handlungsfähig sind. Siehe Tagesthema Seite 2
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