: SCHMARREN IM EIGENEN SUD
■ Das Theatertreffen wurde mal wieder mit den Botho Straußschen „Besuchern“ eröffnet
Als gäbe es auf dieser Welt - „in diesen Tagen“, „im Jahr des Umbruchs“ etc. - nichts Spannenderes (zum Beispiel im richtigen Leben): Das erste Wir-sind-wieder-wer -Theatertreffen (“...in dem Berlin aufgefordert ist, eines baldigen Tags auch qualitativ wieder an die Spitze zu treten“) wurde am Samstag im Theater der Freien Volksbühne ausgerechnet mit Botho Straußens Schauspieler-Eitelkeits -Dramolett Besucher in der Inszenierung von Wilfried Minks vom Hamburger Thalia Theater eröffnet, worin ein aufgeblasener „großer“, „großartiger“ Rampendarsteller (Will Quadflieg) einen aufgeblasenen „großen“, „großartigen“ Rampendarsteller gibt, damit im Theater-im-Theater - unter Hinzuziehung eines Schmierenregisseurs und diverser an die Wand zu spielender egoproblematisierender Zwotklasseschauspieler - endlich mal wieder die existenziellen Fragen nach dem Unterschied zwischen Leben und Theater und vor allem nach der Wahrheit-als-solcher inklusive schwerem Künstlerschicksal auf der Suche nach derselben, aufgerührt werden.
Zufall, Absicht, Schicksal, CIA, Stasi: daß dieses flotte Theaterluftblase auch im letzten Jahr schon bei gleicher Gelegenheit zur Nabelschau gestellt wurde? Nur daß damals Heinz Bennent den Will Quadflieg (aus dessen Autobiographie sich wiederum Botho Strauß bei Stückabfassung bedient haben soll) mimte, während Cornelia Froboes das Schauspielerinnenklischee ausfüllen durfte. Letztere spielt übrigens in diesem Jahr die Frau vom Meer unter der Regie von Thomas Langhoff, dessen Ostberliner Inszenierung von Mein Kampf von George Tabori auch prämiert ist, wobei dieses Stück in der Regie des Autors ja auch vorletztes Jahr ausgewählt worden war, während Lessings Miß Sara Sampson, jetzt ebenfalls aus München, ja schon ganze drei Jahre nicht mehr dabei war... Kurz: Nichts Abgeschmackteres hätte man zur Eröffnung dieses theatralischen Aufkochkurses verrampen können, als eben diesen öden Botho Strauß.
Indessen saßen am Sonntag morgen Ost-West-Theatermacher im Hebbel-Theater und diskutierten unter sich über ihre Krise: Theaterleute röchen Konflikte eher als Politiker und seien in der Lage, schneller zu reagieren, wußte Christoph Schroth, Regisseur am Berliner Ensemble. Allerdings: Bis Redaktionsschluß blieb alles ruhig.
grr
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