Regenbogenkoalition oder Elefantenhochzeit

■ Entweder eine Minderheitsregierung mit den kleinen Parteien gegen CDU und PDS oder eine große Koalition mit der CDU / Bündnis 90 rigoros gegen Koalition mit CDU

Ost-Berlin. Die Führungsspitze des Bündnisses 90 hat eine Beteiligung an der Regierung unter Einschluß der CDU oder anderer Allianzparteien kategorisch ausgeschlossen. Statt dessen streben die BürgerrechtlerInnen, die insgesamt 14 Sitze in der Stadtverordnetenversammlung erobern konnten, die Bildung eines Minderheitsmagistrates mit der SPD und der grünen Liste an. Auch die Beteiligung der Liberalen und der Bauernpartei, die insgesamt über 5 Mandate verfügen, sei denkbar, erklärte Hans-Joachim Fischbeck, der für das Bündnis 90 in das Stadtparlament einzieht.

Die von der SPD aufgestellten Koalitionsprüfsteine stellen für das Bündnis 90 kein Problem dar und wurden ausdrücklich begrüßt (siehe Artikel auf S. 2). Die Vertreter der Initiative für Frieden und Menschenrechte, des Neuen Forums und von Demokratie Jetzt, die im Bündnis 90 zusammengeschlossen sind, stellten gestern aber ihrerseits sechs weitere „Essentials“ auf. Sie wollen die Eigentums und Nutzungsrechte der DDR-Bürger umfassend gesichert wissen, treten für die Entmilitarisierung von Ost-Berlin ein, fordern die restlose Auflösung der Stasi in Berlin. Die Kinderbetreuung solle erhalten bleiben und ein umfassendes Umschulungsprogramm für Arbeitnehmer organisiert werden. Wichtigste - und vermutlich auch umstrittenste - Forderung: In die neue Verfassung für Ost-Berlin sollen auch „Elemente von Basisdemokratie“ eingebaut werden. Neben der Möglichkeit zur Volksabstimmung fordert das Bündnis 90 die Fortsetzung der Tradition der runden Tische. Deren Vertreter sollten themenbezogen arbeiten und in den Bezirksparlamenten sowie der Stadtverordnetenversammlung über Rede- und Antragsrecht verfügen.

Einige Sozialdemokraten erklärten gestern, daß eine Koalition „ohne die CDU wohl nicht zu machen sei“. Doch die Hoffnung einiger führender Sozialdemokraten, das Bündnis 90 zu einer Beteiligung am Magistrat unter Einschluß der Konservativen zu bewegen, wird nicht aufgehen: „Berlin hat links gewählt. Für eine große Koalition gibt es keine Legitimation!“ erklärte Bärbel Bohley auf der Pressekonferenz. Wenn die SPD wirklich kämpferisch sei, müsse sie sich auf das Minderheitsmodell einlassen, meinte sie weiter. Die „Flickenteppich„- oder „Regenbogenkoalition“ würde im Magistrat - wenn sie denn zustande käme - über 66 von 138 Sitzen verfügen. Wie am Rande der Pressekonferenz des Bündnisses 90 zu erfahren war, sind die Bürgerrechtler sogar bereit, auf eine Beteiligung der Alternativen Linken Liste, die einen Sitz hat, zu verzichten. Die SPD hatte signalisiert, daß „mit denen nichts laufen wird“.

Die Koalitionsfrage führt schon jetzt zu internen Auseinandersetzungen bei der SPD. Nicht wenige Sozialdemokraten halten es für „absurd“, daß der Berliner Bezirk stets gegen die große Koalition auf Landesebene wetterte und nun möglicherweise selbst eine bilden könnte. Das Argument der Gegner der großen Koalition: Ein Minderheitsmagistrat sei nie wirklich gefährdet, wenn CDU und PDS gleichzeitig die Oppositionsbank drücken müßten. „Die würden doch nie gemeinsam denselben Antrag ablehnen!“ meint ein Mitglied des SPD-Landesvorstandes dazu. Auch die AL aus West-Berlin sprach sich gestern vehement gegen eine Beteiligung der CDU in der Stadtregierung aus.

ccm