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Ohne Alternative

Die große Koalition in der DDR hat ihre erste Abstimmungsprobe gewonnen  ■ K O M M E N T A R

Für die DDR-BürgerInnen - so läßt sich das Kommunalwahlergebnis knapp resümieren - gibt es derzeit keine relevante politische Alternative zum Berliner Regierungsbündnis. Das ist die - kaum überraschende Botschaft der Wahl, die eher nebenbei auch noch die alten Einheitslistenparlamente in den Kommunen und Kreisen entmachtete. Die Unsicherheit von Teilen der Bevölkerung, im Zuge des Einheitsprozesses auf der Strecke zu bleiben, hat, abgesehen von den Gewinnen der Bauern, die als klar definierte Interessensvertretung agieren, keine signifikanten Korrekturen am Ergebnis der Volkskammerwahlen bewirkt. Der von der großen Koalition eingeschlagene Kurs zur Einheit dominierte die zweite demokratische Wahl derart, daß sich am Ende nicht einmal die Forderung nach partiellen Änderungen der Koalitionspolitik aus dem Ergebnis herleiten läßt. Der spektakulärste politische Konflikt der Zwischenwahlzeit, das symbolisch aufgeladene Umtauschkursgerangel zwischen Bonn und Berlin paßte da durchaus ins Kalkül der Koalition, die die Chance nutzte, sich als Interessenvertretung der DDR-Bevölkerung zu präsentieren - auch wenn die erzielten Korrekturen kaum etwas über die tatsächlichen Lebensverhältnisse nach dem ersehnt-gefürchteten Stichtag aussagen.

Paradoxerweise kann sich der numerische Wahlverlierer CDU trotz geschrumpfter Prozente zufrieden zurücklehnen. An ihrer eindeutigen Führungsrolle hat sich nichts geändert, und das spektakuläre Ergebnis vom 18. März war ohnehin kaum zu halten. Ein de Maiziere, der sich trotz seines gegen Null tendierenden Handlungsspielraums gegenüber Bonn zweifellos gut verkauft, hat größere Einbrüche für die CDU verhindert. Zur heimlichen Zufriedenheit dürften bei der stärksten Partei zudem die massiven Verluste des konservativen Konkurrenten DSU beitragen. Die lassen sich als Signal für den Abwärtstrend einer Partei interpretieren, die ihre Konzeptionslosigkeit bislang vornehmlich mit dumpf -aggressiven Aktionen zu kompensieren versuchte.

Daß allerdings die unsicheren sozialen Perspektiven der DDR -BürgerInnen bei den Wahlen nicht zu Umschichtungen innerhalb des Regierungslagers führten, ist einigermaßen überraschend. Das läßt die Sozialdemokraten als eigentliche Wahlverlierer erscheinen. Daran ändert auch die hölzern zur Schau gestellte Zufriedenheit ihrer führenden Köpfe, die das Ergebnis als „Stabilisierung einer jungen Partei“ gewertet sehen möchten, kaum etwas. Ein paar sozialdemokratische Großstadtbürgermeister sind da ein eher schwacher Trost. Denn was vor zwei Monaten als Katastrophe empfunden wurde, dürfte die SPD jetzt kaum zufriedenstellen. Die Präsentation als „soziales Gewissen der Einheit“ verfängt offensichtlich ebenso wenig wie der Verweis auf sozialdemokratisch geprägte Koalitionsvereinbarungen. Die werden noch eher als Beweis für die Flexibilität und begrenzte Eigenständigkeit der DDR -Union denn als Verdienst der SPD interpretiert. Wenn eine Partei nach den Kommunalwahlen ihre Strategie grundsätzlich überdenken muß, dann ist es die SPD. Doch weder das Wahlergebnis, noch ihre Gewissensnöte werden die Sozialdemokraten zum Anlaß nehmen, die Regierung zu verlassen. Neben der Tatsache, daß auch der Koalitionsbruch der SPD am Grand Design der Einheit nichts ändern würde, bleibt die Machtteilhabe bis auf weiteres auch der Garant für das passable Abschneiden der PDS. Sie profitiert - ohne selbst Alternative zu sein - von der Alternativlosigkeit der DDR-Politik.

Matthias Geis

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