Mißstände hinter Gittern

■ Oetker-Entführer Zlof vor Untersuchungsausschuß

München (taz) - „Sie haben ja selten Gelegenheit, einen Fachmann, der elf Jahre Vollzug studiert hat, zu hören.“ Selbstbewußt antwortet der Oetker-Entführer Dieter Zlof, seriös im grauen Rolli und weinrotem Jackett, dem CSU -Abgeordneten Herrmann Leeb. Der CSUler hatte gerade wieder einmal versucht, ihn bei seiner Aussage zu unterbrechen. Im Schwurgerichtssaal des Münchner Justizgebäudes tagte gestern der Untersuchungsausschuß des bayerischen Landtags, um die Mißstände in der größten bayerischen Haftanstalt, Straubing, aufzuklären. Dazu wurden an diesem Tag erstmals die betroffenen Gefangenen gehört. Seit Jahren häufen sich aus dem Straubinger Knast die Vorwürfe von Gefangenen, die gegen ihren Willen mit Psychopharmaka ruhiggestellt wurden. Rigoros ging die Anstaltsleitung auch gegen die Insassenvertretung vor. Der 48jährige Zlof hatte deshalb eine von 338 Häftlingen unterzeichnete Massenpetition an den Landtag verfaßt. Kurz darauf wurde Zlof von Straubing nach Kaisheim verlegt. Begründung der Anstaltsleitung: Er sei der Rädelsführer einer geplanten Arbeitsniederlegung der Gefangenen. „Ich bin in Kaisheim sofort über eine Woche isoliert worden und habe keine Begründung erfahren“, erklärt der redegewandete Zlof. Erst auf Intervention seines Anwalts erfährt er fast einen Monat später den Grund für „seine rechtswidrige Verschleppung“. Der Straubinger Anstaltsleiter Hans-Joachim Otto legte dem Ausschuß ein „Zellenzirkular“ von Zlof vor, das seine Rädelsführerschaft beweisen soll. „Das war als Diskussionspapier gedacht“, stellt Zlof klar. Wie sich während der Sitzung herausstellt, fehlen in dem von Otto vorgelegten Papier jedoch entscheidende Passagen, die Zlof im Gerichtssaal vorliest. Sie verdeutlichen, daß er die Gefangenen eher zu überlegtem Handeln aufgerufen hat als zur Revolte.

Noch während der Sitzung übergibt plötzlich ein Bote dem CSU-Ausschußvorsitzenden Herrmann Leeb das vollständige Papier. Zlof hat sich aber auch eingesetzt für einen Gefangenen, der in Straubing mit Psychopharmaka behandelt wurde. „Ich habe ja gesehen, wie man ihn abspritzt und kaputtmacht“, erzählt er. Mutig zeigt er den damaligen Anstaltsarzt Dr. Rauhwolf an und wirft ihm vor, selber in Behandlung und tablettensüchtig zu sein. Dieser Vorwurf erweist sich später als richtig. Rauhwolf, der bereits zwei Selbstmordversuche hinter sich hatte, wurde kurze Zeit darauf entlassen. Zlof jedoch bekam für seine Aufmüpfigkeit sieben Tage Arrest.

lui