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Landratsamt Ludwigsburg stoppt Atomtransport aus Neckarwestheim

Mit rauchenden Bremsen quält sich der 142-Tonnen-Schwersttransport ein tausend Meter langes, neunprozentiges Gefälle hinab / Sicherheitsbedenken veranlassen die Behörden zum Handeln  ■  Aus Neckarwestheim K. Stark

Das Landratsamt Ludwigsburg hat die Genehmigung für Transporte von abgebrannten Brennelementen aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim I bis auf weiteres aufgehoben. Ein am Montag bereits beladener Behälter steht seit Tagen auf dem Kraftwerksgelände und wartet auf seinen Abtransport. Die Initiative „Aktion Strom ohne Atom“ hält dies wegen der damit verbundenen Gefahren für unverantwortlich und fordert, daß die hochradioaktiven Brennelemente unverzüglich in das Abklingbecken des Reaktors zurückgebracht werden.

Konkreter Anlaß für die Stornierung der bis 20. Juni befristeten straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung sind offenbar Sicherheitsbedenken. Auf seinem Weg zur Schienenverladung in Walheim/Neckar muß der 142-Tonnen -Schwersttransport mehrere enge Ortsdurchfahrten, starke Steigungen und ein tausend Meter langes neunprozentiges Gefälle passieren. Bereits im vergangenen Jahr machten Atomgegner darauf aufmerksam, daß dabei einmal ein Reifen am Anhänger geplatzt sei und daß die Bremsen des gefährlichen Transports regelmäßig qualmten.

Bisher blieb es dem Transporteur, der Deutschen Bundesbahn, überlassen, die Verkehrstüchtigkeit von Zugmaschine und Anhänger in Eigenregie zu überprüfen. Mit Beginn dieses Jahres hat das der TÜV übernommen. Er konnte aber noch nicht herausfinden, ob das Rauchen der Bremsen von den Bremsbelägen oder von eventuell austretender Bremsflüssigkeit verursacht wird. Deshalb soll nun die Herstellerfirma zu Rate gezogen, unter Umständen auch ein anderes Fahrzeug eingesetzt werden.

Die örtlichen Bürgerinitiativen nennen es in einer Stellungnahme „absurd“ und „skandalös“, daß die Bremsanlagen nicht schon vor dem ersten diesjährigen Transport am 3.April überprüft wurden.

Weiter befürchten sie übermäßige Erhitzung und Korrosion des Behälters. Die auf dem Kraftwerksgelände abgestellten abgebrannten Brennelemente seien möglichen Flugzeugabstürzen schutzlos ausgesetzt.

Im vergangenen Jahr waren die Atommülltransporte von Neckarwestheim nach La Hague mehrmals von Atomgegnern behindert worden. Inzwischen hat der Kirchheimer Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen, daß die Transporte künftig die Ortsdurchfahrt nicht mehr benutzen dürfen.

Anläßlich eines Blockadeprozesses stellte sich zudem kürzlich heraus, daß das Heilbronner Landratsamt jahrelang lediglich die Überfahrt von maximal 118 Tonnen über die Lauffener Neckarbrücke genehmigt hatte - der Brennelementetransporter dagegen wiegt bis zu 142 Tonnen.

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